Interview: April-Wetter ... und der Körper leidet mit

Jedes Jahr derselbe Ärger mit dem Wetter: Im April leiden Menschen unter Temperaturschwankungen. Die AZ fragt einen Experten, was dagegen zu tun ist.
von  Clemens Hagen
Typisch April: An der verregneten Uferpromenade am Tegernsee blühen bereits die Narzissen und andere Frühlingsblumen.
Typisch April: An der verregneten Uferpromenade am Tegernsee blühen bereits die Narzissen und andere Frühlingsblumen. © imago

Wärme, Kälte, Sonne, Wolken, Regen, Schnee – im April muss der Mensch ganz schön was mitmachen. Das wechselhafte Wetter hat, kein Wunder, auch Auswirkungen auf den Körper.

Wie stark diese sind, hängt von mehreren Faktoren wie dem allgemeinen Gesundheitszustand und der Fitness ab. Kopfschmerzen, Depressionen, Rheuma und Herz-Kreislauferkrankungen sind jedenfalls weit verbreitet, wie Professor Andreas Matzarakis der AZ bestätigt. Der 57-Jährige wurde in Pentalofos in Griechenland geboren und studierte in München Meteorologie. "Zu der großen Gruppe der Wetterfühligen gehören immerhin rund 50 Prozent der Bevölkerung", sagt der Freiburger Wissenschaftler. Aber, so erklärt Matzarakis weiter, man könne durchaus etwas gegen die bösen Symptome tun.

AZ: Herr Professor Matzarakis, das dauernde Rauf und Runter der Temperaturen ist für viele Menschen eine Tortur. Woher kommt’s?
ANDREAS MATZARAKIS: Unser Körper befindet sich in permanentem Austausch mit der Umwelt. Das Wetter hat Auswirkungen auf Haut, Atmung, Sinne und das vegetative Nervensystem des Menschen.

Inwiefern?
In der Haut befinden sich beispielsweise Wärmerezeptoren, die dafür zuständig sind, dass sich bei Hitze die Poren öffnen – wir schwitzen. Bei Kälte schließen sich die Poren. Wenn wir zu lange größerer Kälte ausgesetzt sind, fangen wir an zu zittern, was wiederum Wärme im Körper produziert. Generell muss man sagen, dass es länger dauert, bis der Mensch unter Hitze anfängt zu leiden als unter Kälte.

Sind wir Menschen alle gleich wetterfühlig?
Nein, das sind wir nicht. Die Wissenschaft unterscheidet drei Gruppen: die Wetterreagierenden, zu der wir alle gehören, beispielsweise, indem wir uns entsprechend des Wetters kleiden.

Sicher die mildeste Form der Wetterfühligkeit...
Genau, dann kommen die tatsächlich Wetterfühligen, zu der etwa 50 Prozent der Menschen gehören, was Umfragen, die alle zehn bis 15 Jahren durchgeführt werden, belegen. Diese Menschen leiden unter verschiedensten Symptomen. Bei Personen, die beispielsweise anfällig für Migräne sind, kann das dazu führen, dass ein starker Migräneanfall ausgelöst wird.

"Ein gutes Training ist ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien"

Wie wirkt sich ein starker Temperaturabfall, wie wir ihn jetzt gerade erlebt haben, aus?
Er kann bei Personen, die unter hohem Blutdruck leiden, die damit verbunden Beschwerden verstärken. Weitere Symptome sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit, aber auch Schlafbeschwerden oder Spannungskopfschmerzen. Bei Menschen mit Asthma oder Gelenkerkrankungen wie Rheuma können sich bei Kälte Symptome wie Atembeschwerden oder Gelenkschmerzen verstärken.

Und die dritte Gruppe?
Das sind die Wetterempfindlichen, Menschen mit einer längeren Krankheitsgeschichte, frisch Operierte oder auch Menschen mit Amputationen.

Kann man etwas gegen die Auswirkungen des Aprilwetters tun?
Ja, kann man. Ein gutes Training ist ein regelmäßiger Aufenthalt im Freien. Also bei jedem Wetter rausgehen, am besten eine halbe Stunde oder auch mehr, und auf diese Weise den Körper leichten Wetterreizen aussetzen. Was die Länge solcher Spaziergänge betrifft, gibt es keine Faustregel. Außerdem kann man auch mit Wechselduschen die Gefässe daran gewöhnen, sich zu weiten und wieder zusammenzuziehen. Wer körperlich angeschlagen ist, sollte dies aber unbedingt zuerst mit dem Hausarzt abklären. Keinesfalls sollte man es mit Brechstange versuchen.

Ist es für den Körper schwieriger von kalt auf warm oder von warm auf kalt umzustellen?
Das ist verschieden. Wer einen hohen Blutdruck hat, dem wird die Umstellung von warm auf kalt eher Mühe bereiten, während bei Menschen mit niedrigem Blutdruck der Kreislauf eher schlapp macht, wenn es warm wird.

Wieso reagieren so viele Menschen ausgerechnet bei Föhn mit Migräne?
Die genauen Zusammenhänge kennt man noch nicht. Man hat aber herausgefunden, dass sich Temperaturschwankungen negativ auf Migräne auswirken. Und der Föhn geht ja oft mit einem starken Temperaturanstieg einher. Die zweite Komponente, die eine Rolle spielt, ist sicherlich der trockene Wind. Warum aber dies gerade Migräne verstärken kann, weiß auch die Wissenschaft nicht genau.

Lesen Sie auch: Kalter April - Frostige Nacht in Bayern: Bis zu minus zehn Grad

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.