Inferno überschattet Karnevalsfeiern
Erwachsene sprangen in die Tiefe, Kinder wurden aus den Fenstern geworfen. Der verheerende Großbrand in einem Haus in Ludwigshafen hat die Rosenmontagsumzüge überschattet. Unter den Toten sind fünf Kinder.
Bei der schlimmsten Feuerkatastrophe im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen seit dem Zweiten Weltkrieg sind neun Menschen ums Leben gekommen. Zu den Toten zählen fünf Kinder, wie Stadt und Polizei am Montag mitteilten. Beim Brand eines viergeschossigen Wohnhauses waren am Sonntagnachmittag rund 60 Menschen verletzt worden. Am Montag wurden zunächst noch 20 Menschen im Krankenhaus behandelt, Lebensgefahr bestand jedoch für keinen der Patienten. Die Brandursache war am Montagmittag noch vollkommen unklar. Den Angaben zufolge will ein Kind einen lauten Knall gehört haben.
Das Feuer war kurz nach dem Ludwigshafener Fastnachtsumzug ausgebrochen, der unmittelbar an dem Haus vorbeiführte. In dem Gebäude hielten sich zu diesem Zeitpunkt deutlich mehr Menschen auf als dort wohnen, weil sie sich das Karnevalspektakel anschauen wollten.
Der Brand hatte sich nach Angaben der Feuerwehr sehr schnell in dem Haus ausgebreitet, vor allem über die hölzerne Treppe. Das Feuer zerstörte das Gebäude komplett, das um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erbaut worden sein soll. Es war am Montagmittag noch nicht vollständig durchsucht, weitere Opfer konnten die Verantwortlichen zunächst nicht ausschließen.
Kinder wurden aus Fenstern geworfen
Der Brand war am Sonntagnachmittag kurz vor 16.30 Uhr gemeldet worden. Als die Rettungskräfte eintrafen, schlugen meterhohe Flammen aus dem Gebäude, große Teile des Daches stürzten ein. Polizisten fingen zwei Kinder auf, die von Bewohnern aus dem dritten Obergeschoss geworfen wurden. Auch einige Erwachsene sprangen in die Tiefe. Eine Frau zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Die Rettungskräfte fanden am Abend und in der Nacht zum Montag acht Leichen in dem Gebäude. Zu den Toten zählte auch eine schwangere Frau.
Etwa eine Stunde nach ihrem Eintreffen konnten die Helfer noch zwei Kinder retten, die sich in einem Zimmer hinter einer Couch versteckt hatten. Die meisten Opfer starben nach ersten Erkenntnissen an Rauchvergiftungen. Auch Rettungskräfte wurden bei dem Einsatz verletzt. Die Feuerwehr hatte nach Angaben ihres Leiters Peter Friedrich nur wenige Minuten in das Gebäude eindringen können, ehe es dort zu gefährlich wurde. Im Hausflur abgestellte Gegenstände hätten die Rettungsarbeiten erschwert. Im Erdgeschoss des von türkischen Familien bewohnten Hauses befand sich ein Vereinslokal.
Die Verantwortlichen von Stadt und Feuerwehr wiesen Vorwürfe eines Angehörigen der Getöteten zurück, die Feuerwehr habe nicht beherzt genug eingegriffen. „Das Ganze hätte um Einiges schlimmer ausfallen können“, sagte Notarzt Albrecht Reinecke.
Beck sagt Teilnahme an Rosenmontagszug ab
Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) zeigte sich vom „größten Brandereignis in der Stadt“ seit dem Zweiten Weltkrieg „tief betroffen“. Sie sprach von „schrecklichen Bildern“, die sich den Rettungskräften geboten hätten. Der Ludwigshafener Polizeipräsident Wolfgang Fromm sagte: „Diese Bilder wird man so schnell nicht aus dem Kopf bekommen.“
In Ludwigshafen wurden alle noch geplanten Fastnachtsveranstaltungen abgesagt. Außerdem wird ein Spendenkonto für die Hinterbliebenen der Opfer eingerichtet. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat seine Teilnahme am Mainer Rosenmontagszug abgesagt, um sich vor Ort ein Bild von der Katastrophe machen. (dpa)