Immer mehr Mädchen beginnen früher Diäten

Immer mehr Mädchen sind mit ihrem Körper unzufrieden und beginnen immer früher Diäten. „Die Unzufriedenheit von Mädchen mit ihrem Körper hat in den vergangenen drei Jahren drastisch zugenommen“, sagt eine Psychologin.
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Immer mehr Mädchen sind mit ihrem Körper unzufrieden und beginnen immer früher Diäten. „Die Unzufriedenheit von Mädchen mit ihrem Körper hat in den vergangenen drei Jahren drastisch zugenommen“, sagt eine Psychologin.

Sopranistinnen in lila Abendkleidern, eine ist groß und blond, ein schwarz und runder, es gibt Dekolletés zu sehen, die auch wirklich welche sind. In der Fotoproduktion der Zeitschrift „Brigitte“ sind fünf ganz unterschiedliche Frauen zu sehen, die nicht in den Karteien von Modelagenturen zu finden sind. Die Zeitschrift will fortan echte Frauen abbilden, keiner Mager-Models mehr (AZ berichtete). Der Vorstoß hat die Diskussion um Schönheitsideal in unserer Gesellschaft angeheizt.

Denn die Wirklichkeit zeigt: Immer mehr junge Mädchen fühlen sich unwohl in ihrer Haut, fühlen sich zu dick, obwohl sie es nicht sind. „Die Unzufriedenheit von Mädchen mit ihrem Körper hat in den vergangenen drei Jahren drastisch zugenommen“, sagt Psychologin Marthe Kniep.

Sie leitet das Dr. Sommer-Team der Zeitschrift Bravo. 2006 und 2009 veröffentlichte Bravo Jugendstudien zu Aufklärung, Sexualität und Körpergefühl. Alarmierend: Nirgends haben sich die Ergebnisse so stark verändert wie beim Körpergefühl der Mädchen. Vor drei Jahren waren 69 Prozent der 16- bis 17-Jährigen mit ihrem Gewicht zufrieden. Jetzt sind es weniger als die Hälfte: 48 Prozent. Auffällig ist die Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Selbstwahrnehmung. So sind 80 Prozent der Befragten 11- bis 17-Jährigen normalgewichtig, aber nur 54 Prozent sind zufrieden mit diesem Gewicht.

Immer früher beginnen die Mädchen mit Diäten. 18 Prozent haben mit elf eine Diät hinter sich, bei den 14-Jährigen sind es 43 Prozent. Warum, ist auch klar: 80 Prozent glauben , dass die Beliebtheit mit Gewicht zusammenhängt. „Wir merken das auch in der Beratung: Es geht oft darum, dazu gehören zu wollen und von den anderen akzeptiert zu werden. Und leider hören wir oft von Jugendlichen, die etwas mehr auf den Rippen haben, dass sie deswegen gehänselt werden“ , sagt Kniep.

Laut Andreas Schnebel, Leiter von der Beratungsstelle Anad, nehmen Essstörungen seit Jahren zu. „Bei Magersucht hat sich in den letzten Jahren die Altersgrenze weiter nach unten verschoben, nicht selten sind schon Mädchen im Grundschulalter betroffen“, sagt Schnebel. Immer häufiger würden die Mädchen zu Hause von ihren Müttern die Muster lernen. „Vor zwanzig Jahren gab es weniger essgestörte Mütter als heute.“

Schnebel verweist auf Stars wie Victoria Beckham, die für junge Mädchen Vorbild ist. „Sie ist nicht nur extrem dünn, sie bedient sich auch der plastischen Chirurgie und ihre Fotos werden bearbeitet.“ Deswegen unterstützt Schnebel Vorstöße, wie die von „Brigitte“ und die von „Bravo Girl“ (siehe unten). „Alles, was weggeht von stereotypen Schönheitsideal, das aus zu zu dünnen Frauen besteht, ist gut.“

Ein Vorreiter ist das die Kosmetikmarke Dove. 2004 startete die Kampagne „Keine Models, aber straffe Kurven“ mit runden jungen Frauen in Unterwäsche. Es folgten Kampagnen mit älteren Frauen, unter anderem fotografiert von der Star-Fotografin Annie Leibovitz. „Seit wir mit normalen Frauen arbeiten, bekommen wir ausschließlich positive Reaktionen, sagt Tanja Kindler von Dove-Marketing. „Wir wollen zeigen, wie vielfältig Schönheit ist.“

Die Aktion ist inzwischen mehr als eine Werbekampagne. Seit 2006 gibt es die „Aktion für mehr Selbstwertgefühl“. Dove kooperiert da mit dem Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen, das mit Präventionsprogrammen in die Schulen gehen. Dort wird unter anderem gezeigt, das die computer-getunten Hochglanzschönheiten so echt gar nicht sind und dass nicht jeder Körper gleich aussehen muss. Und es geht um einen frühen Dialog zwischen Mädchen und ihren Müttern.

Denn das Grundproblem ist nicht die Konfektionsgröße, sondern das Selbstwertgefühl. „Und darum geht es schon vor der Pubertät“, sagt Psychologe Schnebel. „Wer wenig Selbstwertgefühl hat, ist besonders anfällig, sowohl für Hänseleien, als auch für extreme mediale Vorbilder.“

Auch „Dr. Sommer“ Marthe Kniep sieht darin die Herausforderung. „Da sind auch die Eltern gefragt. Sie sollten ihre Kinder früh bestärken in dem, was sie können, was an ihnen liebenswert ist, was an ihnen schön und besonders ist."

Tina Angerer

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