Illegale Waffenexporte: Staatsanwalt geht gegen Filmemacher vor
Autor und Regisseur Daniel Harrich hat brisante Dokumente aus dem Innenleben des Waffenherstellers Heckler & Koch und Berliner Ministerien veröffentlicht.
Der „Grimme-Preis“ ist eine der renommiertesten Auszeichnungen für TV-Produktionen. Vor ein paar Tagen hat ihn der Münchner Autor und Regisseur Daniel Harrich für seine Recherchen („Tödliche Exporte“, „Netzwerk des Todes“) über illegale Geschäfte deutscher Rüstungsunternehmen bekommen – und sich mächtigen Ärger mit der Staatsanwaltschaft eingehandelt.
Sie ermittelt jetzt nicht nur gegen ihn, auch gegen seine Mutter, den Rüstungsgegner Jürgen Grässlin sowie zwei Journalisten von BR und SWR.
Gegenstand der Ermittlungen sind die „heißen“ Dokumente aus dem Innenleben des baden-württembergischen Waffenherstellers Heckler&Koch und Berliner Ministerien, die in mehreren Filmbeiträgen und in dem Buch „Netzwerk des Todes“ (Autoren: Jürgen Grässlin, Daniel Harrich, Danuta Harrich-Zandberg) verwendet wurden. Die hochbrisanten Schriftstücke gehören zu den Ermittlungsakten der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und hätten nach Ansicht der Behörde nicht weitergeben und medial verwendet werden dürfen.
„Wir prüfen, welche Straftatbestände in Betracht kommen“
Der Fall ist nach einem behördeninternen Zuständigkeitsgerangel bei der Staatsanwaltschaft I in München gelandet, die das bestätigt. „Wir prüfen derzeit, welche Straftatbestände in Betracht gezogen werden müssen“, erklärte ein Sprecher der Behörde. Der Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer, der den Rüstungsgegner Jürgen Grässlin vertritt und in dessen Auftrag ein Bündel an Strafanzeigen gegen mehrere Rüstungsfirmen, darunter auch Heckler&Koch, erstattet hat, reibt sich verwundert die Augen. „Diesen Eifer“, sagt er, „hätte ich mir von der Staatsanwaltschaft Stuttgart auch im Fall von Heckler&Koch gewünscht. Die Ermittlungen sind skandalös.“
Der Münchner Filmemacher hat einen Verdacht
Vor einem halben Jahr hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen sechs Manager von Heckler&Koch Anklage erhoben. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, mit illegalen Waffenlieferungen nach Mexiko gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben, gewerbsmäßig und als Bande handelnd. Auch nach der relativ langen Zeit seit Erhebung der Anklage hat die zuständige Strafkammer des Landgerichts nach Angaben einer Justizsprecherin aber noch nicht entschieden, ob sie die Anklage zulässt und ein Prozess stattfindet.
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Rechtsanwalt Holger Rothbauer und Filmemacher Daniel Harrich verbinden die zögerliche Vorgehensweise der Stuttgarter Justiz bei dem Verfahren gegen Heckler&Koch mit einer pikanten Personalie. Auf der Anklageschrift taucht auch der Name Peter Beyerle auf, der ehemalige Präsident des Rottweiler Landgerichts, das zum Stuttgarter Gerichtsbezirk gehört. Er wechselte nach seiner Justizkarriere als Manager zu Heckler&Koch und soll nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft an den illegalen Waffenexporten nach Mexiko beteiligt gewesen sein.
Vor Jahren, als die Vorwürfe zum ersten Mal auftauchten und Ex-Landgerichtspräsident Peter Beyerle gegenüber Medien noch Erklärungen abgab, wies er die Anschuldigen vehement zurück.
„Für das schmutzige Material hat sich keiner interessiert“
Daniel Harrich glaubt, dass der Aufklärungswille der baden-württembergischen Justiz hinsichtlich der illegalen Waffenexporte ohnehin sehr begrenzt sei. „Für das viele Material, das ich über die schmutzigen Geschäfte zur Verfügung stellen könnte, hat sich keiner von der Staatsanwaltschaft interessiert“, erklärt er.
In die gleiche Kerbe schlägt Rechtsanwalt Holger Rothbauer und weist auf eine Anzeige hin, die er schon vor über drei Jahren erstattet hat. Sie richtete sich gegen Mitarbeiter aus dem Berliner Wirtschafts- und Außenministerium, sowie des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die an den illegalen Exporten auf zwielichtige Weise beteiligt gewesen seien. Anwalt Rothbauer: „Die politische Dimension ist anscheinend nicht gewünscht.“
Der Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft erklärte dagegen, dass sich bei der Prüfung der Vorwürfe kein hinreichender Tatverdacht ergeben habe und die Anzeige auch zu allgemein gehalten gewesen sei und keine Namen beinhaltet habe.
Das bringt Holger Rothbauer auf die Palme: „Wer wie wo im Apparat der Ministerien verantwortlich ist, muss die Staatsanwaltschaft schon alleine ermitteln. Belege dafür, dass sie für einen reibungslosen Ablauf der Exportgeschäfte gesorgt haben, sind genug vorhanden.“
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