"Ich hatte keine Ahnung vom Geschäft"

Das ZDF reanimiert den herzigen Arzt im schönen Tirol. Für den Österreicher Harald Krassnitzer, heute vielseitig im Einsatz, war der „Bergdoktor“ in den 90ern der Einstieg ins Fernsehgeschäft.
AZ: Herr Krassnitzer, warum wurden Sie als Theaterschauspieler 1996 der neue Bergdoktor?
HARALD KRASSNITZER: Ich wollte nach Jahren am Theater etwas Neues machen. Nach wenigen kleinen Fernsehrollen kam das Angebot. Ich war 35, ein No- Name und hatte vom Fernsehgeschäft absolut keine Ahnung. Ich sah das als Chance. Ich habe dort alles das gelernt, was heute für mich selbstverständlich ist: Die Arbeit vor der Kamera.
In den Theater-Klassikern geht es immer um das ganz Große: Liebe, Tod, Gut und Böse. Wie war die Umstellung auf den Bergdoktor?
Auch beim Bergdoktor geht es um Liebe und Tod und Gut und Böse. Das wird nur in seiner philosophischen Bedeutung nicht in die Tiefe verstrickt. Da geht es rein um die Emotion, sprich: Unterhaltung muss die Menschen berühren und am Schluss muss ein Happy-End da sein.
Haben Sie damit gehadert?
Ich habe schon manchmal gedacht, jetzt fehlt da die Substanz. Aber dann hab ich mir gesagt: Du bist selbst für die Substanz verantwortlich und habe mich in Bücher eingemischt. Das schauen sich sehr viele Menschen an und die haben ein Recht darauf, dass das gut gemacht ist. Ich versuche, auch solche Rollen ernst zu nehmen, authentisch zu spielen, nicht platt zu sein.
Wie hat sich Ihr Leben damals verändert?
Peter Gerlach, der verantwortlich für den Bergdoktor war, hat vorher zu mir gesagt: ,Du musst wissen, dass das dein Leben komplett ändert. Hast du dir darüber Gedanken gemacht?’ Ich habe frech gesagt: ja. Aber ich hatte keine Ahnung. Im Zug, am Flughafen, beim Einkaufen, überall sprachen mich plötzlich die Leute an.
Wie fanden Sie das?
Irritierend. Das birgt ja die Gefahr, dass man glaubt, man ist wer, nur weil einem alle auf die Schulter klopfen. Zum Glück wusste ich: Die megamäßige Quote ist morgen nichts mehr wert, weil es da schon die nächste megamäßige Quote gibt.
Gab es Theaterkollegen, die die Nase gerümpft haben?
Natürlich gab es welche, die gesagt, haben: ,Du spinnst ja, was willst du mit dem Scheiß.’ Später sieht man dann dieselben Kollegen in irgendeiner Sitcom, in einer Nebenrolle. Und die, die jahrelang von den Highlights des deutschen Films sprechen, tauchen dann in einem Pilcher-Film auf. In denk mir dann: Da schau her, die großen Künstler.
Nach dem Ende der Serie wurden Sie „Tatort“-Kommissar Eisner – eine Art Anti-Bergdoktor?
Es war uns schon wichtig, eine andere Seite zu zeigen: das Grantige, das Raunzerische, das Zynische. Ich hatte das Glück und die Gelegenheit, nicht an dem klassischen Bergdoktor- Image hängenzubleiben. In den vergangenen Jahren durfte ich einen schwulen Vater genauso spielen wie das Familiendrama um Eltern, deren Tochter vermisst wird.
Mit dem „Winzerkönig“ haben Sie Ihre erste Serie nach dem Bergdoktor gemacht. Warum?
Wir machen da nicht die klassische Episoden-Erzählweise: Da kommt ein Flaschenhändler und sagt, ,Du kriegst meine Flaschen nicht’, und dann kommt der Winzerkönig, verprügelt ihn und am Schluss kriegt er die Flaschen doch. Sondern wir haben einen Bogen über 13 Folgen erzählt. In der zweiten Staffel, die ab 25. Februar läuft, haben wir das noch verdichtet. Es sind auch mehr Witz und Tempo drin.
Wie lang wollen Sie das machen?
Maximal drei Staffeln. Man sieht ja an anderen Serien, was danach passiert: Die 498. Beziehungskrise, der 984. Clash mit einem Kontrahenten. Das langweilt nicht nur mich, sondern auch die Zuschauer. Interview: Tina Angerer