»Ich hab’ Hunger – und wie!«
Viel Wasser, Obst und Salat – und keinen Alkohol bis Ostern. Schwach wird er nur bei Schokolade. Wie Ministerpräsident Beckstein fastet und leidet - das große AZ-Interview.
AZ: Herr Beckstein, haben Sie Hunger?
GÜNTHER BECKSTEIN: Und wie!
Auf was denn?
Auf einen Kloß und einen deftigen Schweinsbraten. Es könnte aber auch was anderes sein.
Aber darauf verzichten Sie jetzt?
Seit Aschermittwoch ist für mich Fastenzeit. Heute habe ich einen Salat mit vier Garnelen gegessen.
Wie lange wollen Sie das durchhalten?
Die ganze Fastenzeit, bis ich insgesamt etwa fünf Kilo abgenommen habe. Ich werde strikt keinen Alkohol trinken. Auch nicht, wenn ich einen Gast empfangen muss. In der Fastenzeit gibt es für mich nur Wasser. Beim Essen reduziere ich.
Wasser beim Starkbieranstich
Und was ist mit der Salvatorprobe am Nockherberg?
Ich werde Wasser trinken.
Welchen Zeitrahmen haben Sie sich gesteckt?
Bis zum Ostersonntag. Erst da werde ich wieder richtig zulangen.
Kein festes Programm
Machen Sie eine besondere Diät?
Nein, nach Gelegenheit. Ich habe kein festes Programm. Ich reduziere das Essen stark, um zu entschlacken. Das tut mir gut, weil ich dann auch wieder beweglicher werde. Ich kann mich darauf freuen, wenn ich in den nächsten Monaten nicht mehr so ganz genau drauf schauen muss, was die Waage zeigt.
Wenn Ihnen die AZ jetzt was Süßes vor die Nase halten würde?
Dann läuft mir zwar das Wasser im Mund zusammen. Aber ich würde trotzdem konsequent genug sein und Nein sagen. Außer, ich hätte schon drei oder vier Tage völlig durchgehungert.
Die Versuchung: eine ganze Tafel Schokolade
Bei was würden Sie dann schwach werden?
Es könnte schon sein, dass ich dann eine Tafel Schokolade auf einmal esse und mich hinterher fürchterlich ärgere.
Es gibt also auch schwache Minuten beim Fasten?
Es ist nicht ausgeschlossen. Aber ich versuche sie zu meiden.
In meinem Bauch könnten schon Frösche wachsen.
Mit was kompensieren Sie Ihren Hunger?
Mit viel Wasser. Gestern habe ich Minimum drei Liter Wasser getrunken. In meinem Bauch könnten schon Frösche wachsen. Mein Kaffee-Konsum steigt auch.
Nur Wasser und Hungern ist ja ganz schön radikal, sind Sie in ärztlicher Obhut?
Nein, das ist nicht nötig. Es tut mir gut. Wenn ich an meinen Bauch fasse, merke ich, dass mein Körper genügend Reserven angesammelt hat. Man isst ja immer eher zu viel als zu wenig. Der bewusste Verzicht auf Alkohol kann nur gesund sein. Und das Fasten haben schon die Mönche erfunden. Wenn ich richtig Hunger habe, dann fülle ich meinen Magen mit Salat oder Obst.
Und außerdem in guter Stimmung
Sind Sie noch zurechnungsfähig, wenn Sie nichts im Magen haben?
Ich bin sogar sehr zurechnungsfähig, und wenn die Waage zeigt, dass ich mit meinem Gewicht runtergehe, dann bin ich außerdem sehr guter Stimmung.
Aber mit dem Fasten sinkt doch auch Ihr Zuckerspiegel?
Wenn ich merken würde, dass meine Leistungsfähigkeit sinkt, würde ich natürlich sofort etwas essen.
Es gab mit Fritz Zimmermann schon einen CSU-Minister, der einen Meineid geleistet hat – und sich danach auf seinen Unterzucker berufen hat. Deswegen sei er unzurechnungsfähig gewesen...
Ich habe weder die Absicht, in der Fastenzeit einen Eid noch einen Meineid zu schwören.
"Konsequent gegen mich selber"
Haben Sie Erfahrung mit solchen Diäten?
Ich faste bereits seit 12 Jahren. Ich fühle mich danach immer ausgezeichnet. Wenn ich entschlacke, tut mir das gut. Sowohl meinem Körper als auch meinem Geist. Das Beste für mich aber ist: Ich weiß, dass ich konsequent gegen mich selber sein kann und auf Dinge verzichten kann, die mir das Jahr über schon sehr gut schmecken.
Haben Sie den Jojo-Effekt auch schon kennengelernt?
Ja, natürlich. Ich habe immer am Ostersonntag das niedrigste Gewicht. Das liegt so bei 78 Kilo. In der Regel habe ich dann kurz nach Weihnachten mein höchstes Gewicht. Das liegt im Extremfall bei 88 Kilo. Heuer waren es nur 85 Kilo.
Fasten als persönliche Bereicherung
Gibt es für Sie einen Unterschied zwischen Fasten und Hungern?
Hungern wäre für mich, wenn es mich psychisch belasten würde. Fasten dagegen ist für mich eine persönliche Bereicherung und die Erkenntnis, dass ich zum Beispiel weder Alkohol noch Süßigkeiten brauche. Hungern heißt für mich leiden. Fasten aber ist für mich bewusst auf etwas zu verzichten.
Hat Fasten für Sie noch etwas mit christlichem Glauben zu tun?
Ich weiß, dass es im Bereich der katholischen Kirche eine wichtige Übung ist. Bei den Evangelischen hat es bisher keine große Bedeutung. Aber Fasten als Verzichten spielt auch bei uns Protestanten eine immer größere Rolle. Und ich freue mich darüber. Denn ich finde, dass die aus der katholischen Religion entstammende Tradition eine gute Übung ist.
Suche nach Stille in der Hektik
Wollen Sie auch Ihre Seele reinigen?
Ich gehe in der Fastenzeit nicht mehr als sonst in die Kirche. In der Passionszeit ein Stück mehr an Stille und Besinnung zu finden, das versuche ich in all der Hektik des Tagesgeschäftes schon. Aber die Politik verschafft sich immer wieder Vorrang. Das ist halt bei einem Politiker so.
Fasten heißt auch enthaltsam sein...
Nächste Frage, bitte.
Macht Ihre Familie beim Fasten mit?
Nein, die essen ganz normal. Ich freu mich, wenn es ihnen schmeckt.
Vorfreude auf das Osteressen
Und Sie sitzen dabei und schauen zu?
Manchmal fällt es mir schwer, in der Regel macht es mir nichts aus. Und meiner Familie auch nicht.
Was werden Sie am Ostersonntag als Erstes essen?
Ich freue mich auf unser Osterlamm, die süßen Ostereier, ein Glas Sekt oder einen schönen Wein. Das werde ich genießen.
Interview: Angela Böhm