»Ich bin ein Promi-Jäger«
Er ist ein Großbildjäger zu Lande, zu Wasser und aus der Luft. Der deutsche Paparazzi Hans Paul jagt Hollywoods Stars und Sternchen und schießt sie am liebsten von seinem motorisierten Gleitschirm aus ab. Ein hartes Geschäft, wie er im AZ-Interview erzählt.
VON RENATE SCHRAMM
Klackklackklackklack. Die Kamera ist seine Waffe. Seit 1998 jagt Hans Paul (53) aus Bardowick bei Hamburg in Hollywood Stars und Sternchen. In seinem zum Wohnmobil umgebauten Van lauert er vor Villen oder kurvt mit seinem Ultraleichtflieger über Grundstücke. Ein Großbildjäger, der mit seinem weißen Haar und dem Lausbuben-Lächeln auf den ersten Blick wie der nette Nachbar von nebenan wirkt.
AZ: Herr Paul, am Sonntag werden in Los Angeles die Oscars verliehen. Angelina Jolie, Brad Pitt, Clooney, Zeta-Jones – alle sind da. Und Sie urlauben in der Lüneburger Heide.
HANS PAUL: Die Gala bringt mir nichts. Ich bin keiner von den 1000 Pressefotografen, die sich artig um den roten Teppich vor dem Kodak Theatre drängen. Ich bin Promi-Jäger.
Und die Partys hinterher – bringen die auch nichts?
Nein. Da sind alle geschniegelt, von Kopf bis Fuß überperfekt gestylt. Mein Publikum will verrutschte Busen, Hängebäuche, Knutschflecken und heiße Küsse sehen.
Wo finden Sie die?
Auch in L.A., aber in der Woche vor dem Oscar. Wenn Promis, die nicht dort wohnen, wie Cate Blanchett, Colin Farrell oder Nicole Kidman ihre Suiten im Beverly Hills Hotel beziehen, sich am Pool räkeln oder in den Bistros flirten. Meine Assistentinnen, Gretel 1 und Gretel 2, sind unterwegs, schießen sie ab.
Ganz unbehelligt?
Man darf nicht auffallen. Wer mit dicker Kamera am Pool sitzt, fliegt raus. Meine Gretels und ich haben Mini-Kameras, kleiner als ein Handy. Damit gehen wir bis auf ein paar Meter an die Promis ran.
Was ist mit den Kellnern?
Die kennen uns, wissen, dass wir 40 Dollar und mehr Trinkgeld dalassen. Die geben uns die besten Tische. Die Fotos sind ja auch PR für die Hotels und Lokale.
Wie viel Geld geben Sie im Monat für Informanten aus?
Circa 2000 Dollar, pro Kopf meist 100. Nur ein Parkwächter in Beverly Hills wollte kürzlich mehr.
Warum?
Er gab mir den Tipp, dass Frederic von Anhalt seine Frau ZsaZsa Gabor, sie sitzt im Rollstuhl, zum Friseur bringt. Als mein Praktikant die zwei abschoss, drehte der adoptierte Prinz durch, packte ihn. Was er nicht wusste: Ich stand hinter einer Mauer, filmte alles. Dafür bekam ich sehr viel Geld – und der Parkmann einen Nachschlag.
Was war Ihr Lucky Shot?
Ich habe als erster die schwangere Julia Roberts abgeschossen – meine Trophäe. Tags darauf verkündete sie, dass sie Zwillinge erwartet. Mein Foto ging um die Welt, brachte 120 000 Dollar.
Wie kam’s dazu?
Ich habe ihr Grundstück in Malibu und den Toyota von ihrem Mann Dany Moder mit meinem Fernrohr über Tage beobachtet. Als ich sie am Strand entdeckte, bin ich wie zufällig vorbeiflaniert, habe mit versteckter Kamera und 400-mm-Objektiv 17-mal aus der Hüfte geschossen.
Für Julia Roberts Kollegen George Clooney sind Paparazzi wie Sie Kopfgeldjäger.
Das ärgert mich. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich schieße diskret aus dem Gebüsch, aus Mülltonnen oder aus der Luft. Im Gegensatz zu den Glücksrittern, den Möchte-gern-Paparazzi, die wie Heuschrecken in L. A. einfallen. Die springen den Promis vor die Füße, ballern mit Weitwinkel in Gesichter.
Kennen Sie Skrupel?
Nein. Das ist ein hartes Geschäft und alle profitieren davon: Stars, Promi-Jäger, Redaktionen und Leser. Wer etwas Anderes behauptet, heuchelt.
Wirklich? Sie fotografieren ungefragt, dringen in Privatsphären ein.
Zugegeben. Aber hinterher bedanke ich mich. Das Ganze ist ein Katz- und Mausspiel. Nehmen Sie Britney Spears.
Die Hetzjagd auf sie...
... an der beteilige ich mich nicht. Sie wird ständig von 25 bis 50 Paparazzi verfolgt, das ist nicht mein Ding. Ich will Exklusiv-Abschüsse.
Wird sie ihren neuen Lover, einen Paparazzo, heiraten?
Medienwirksam wär’s. Und für Publicity macht sie alles. Seit ihrem ersten Cover ist sie süchtig. Ich verstehe das. Bei mir fing’s mit dem ersten großen Scheck in den 90ern an.
Mit Michael Schumacher.
Er war beim Einkaufen in Halver bei Iserlohn, dem Wohnsitz seiner Schwiegermutter, und ich habe paar harmlose Fotos gemacht.
Wie reagierte er?
Er hat die Polizei gerufen. Und ich hab’ auf die Schnelle 10 000 Mark verdient. (Er lacht.) Daraufhin bin ich Paparazzo geworden.
Ein umstrittener Beruf.
Die Nachfrage nach Fotos wird immer größer. Die Leute wollen wissen, wie die Promis am Strand ohne Hose aussehen. Ich dokumentiere das.
Mit Hilfe von motorisiertem Gleitschirm oder Schlauchboot. Laut Gesetz sind das Eingriffe in die Intimsphäre.
Ach, das Caroline-Urteil von 2004. Seitdem hat man in Deutschland schnell die Anwälte am Hals. Dabei ist Meinungsfreiheit der Grundstock der Demokratie.
Wie läuft’s in Amerika?
Lässiger, auch wenn die Cops jetzt öfter gegen Glücksritter vorgehen. Ich schieße Promis gern aus der Luft ab, wenige Meter über ihren Strandhäusern. Das ist legal.
Bedroht Sie niemand?
Richtig heftig wurde es, als ich Kirstie Alley in einer Scientology-Kirche abgeschossen habe. Ein Kumpel sagte mir danach: Du darfst dich in Amerika mit jedem anlegen, aber nie mit Scientology.
Und sonst?
Manche sind schon eigensinnig: Thomas Gottschalk mag es nicht, wenn man seine Frau oder seine Autos fotografiert. Pierce Brosnan, Dany de Vito oder Leonardo DiCaprio verschwinden, sobald ich auftauche. Dafür trinkt Leos Mutter mit mir Kaffee.
Wer hat noch Zeit für Sie?
Pamela Anderson. Wir verstehen uns ohne Worte. Wenn sie den Kopf schüttelt, weiß ich, das sie nicht fotografiert werden will. Vielleicht hängt gerade ihr Busen. Dafür posiert sie tags darauf für mich.
Sind ihre Fotos gefragt?
Pamela ist nie out. Paris Hilton derzeit schon. Ohne Skandal ist sie nix wert. Auch reife Ladies wie Goldie Hawn ziehen nicht.
Ihre nächste „Trophäe“?
Ich hoffe auf Matt Damon – demnächst in Afrika. Wenn ich ihn mit Frau, Freundin oder auf einem Kamel erwische, bringt das bis zu 40 000 Dollar.
Verderben Glücksritter und Handy-Knipser die Preise?
In Hollywood schon. Wo es 2006 noch 4000 Dollar gab, gibt’s jetzt 500. Drum fliege ich den Promis in die Ferien nach. Im Sommer paddel ich über den Comer See, da hat Clooney eine Villa plus Gästehaus. In Südfrankreich will ich Johnny Depp erwischen, in Australien Nicole Kidman.
„Erwischt“ heißt Ihr Buch, das im April erscheint. Wer muss vor Ihren Enthüllungen zittern?
Eigentlich alle Stars in Hollywood, auch die deutschen. Ich zeige ihr wahres Gesicht.
Das wird nicht jedem gefallen.
Ich rechne mit juristischem Ärger. Aber er ist’s wert.