ICE-Crash: Wer war schuld?

Der ICE-Unfall ist inzwischen ein Fall für Staatsanwaltschaft und Bundespolizei. Gegen den Schäfer, dessen Schafe die Gleise blockierten, wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Dem Mann wird ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr vorgeworfen. Ein Münchner Fahrgast lobt indes die Arbeit der Katastrophenhelfer.
von  Abendzeitung
Die Bergung des ICE hat begonnen.
Die Bergung des ICE hat begonnen. © az

Der ICE-Unfall ist inzwischen ein Fall für Staatsanwaltschaft und Bundespolizei. Gegen den Schäfer, dessen Schafe die Gleise blockierten, wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Dem Mann wird ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr vorgeworfen. Ein Münchner Fahrgast lobt indes die Arbeit der Katastrophenhelfer.

FULDA/MÜNCHEN Es war seine „abenteuerlichste Eisenbahnfahrt“. Er überlebte unverletzt – und ist voll des Lobes über die Arbeit der Rettungskräfte nach dem ICE-Unfall in einem Tunnel bei Fulda. Der Münchner Bibliothekar Peter Uhl (45) schilderte der AZ, wie er die Stunden nach dem Crash erlebte: „Wir wurden wirklich gut betreut.“

Die Katastrophenhelfer, die einen solchen Einsatz vor kurzem geübt hatten, waren sehr schnell an der Unfallstelle im Landrückentunnel. Uhl: „Sie brachten die Passagiere in zwei Gruppen in das nahe Gemeindehaus in Mittelkalbach. Dort war man offenbar auf die Aufnahme von rund 120 Menschen vorbereitet. Es gab ausreichend Getränke unterschiedlicher Art, wer wollte, konnte auch eine Decke bekommen.“ Peter Uhl konnte zwei Stunden nach Mitternacht in einen Ersatzzug steigen.

Allerdings wurde am Montag bekannt, dass einer der beiden Lokführer des Würzburger Tunnel-Rettungszuges während des Einsatzes beim ICE-Unglück betrunken gewesen sei. Die Bundespolizei ermittelt.

Das Unglück, bei dem in der Nacht zum Samstag ein ICE in eine Schafherde gerast und entgleist war, ist inzwischen ein Fall für Staatsanwaltschaft und Bundespolizei.

Gegen den Besitzer der Tiere wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Dem Mann wird ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr vorgeworfen, so der Sprecher der Bundespolizeidirektion Koblenz. Dieser hatte bereits kurz nach dem Unfall gesagt, er vermute, dass die Schafe auf die Gleise getrieben worden sein. Er bekam Unterstützung vom hessischen Verband für Schafzucht und -haltung. Schafe verließen normalerweise ihre Koppel nicht, wenn sie nicht aufgeschreckt würden, sagte Verbandsgeschäftsführerin Dagmar Rothhämel. Zudem sei ein schon vor zehn Jahren beantragter Schutzzaun von der Bahn aus Kostengründen abgelehnt worden.

Untersucht wird laut Bundespolizei, ob ein kurz vor dem Unfall in Gegenrichtung fahrender Zug den späteren Unfallzug womöglich hätte warnen können.

Dieser aus Würzburg kommende ICE fuhr auf ein Schaf, der Zugführer stieg aus, um sich den Schaden anzusehen, und fuhr dann weiter, so die „Neue Westfälische“. Der Zugführer hat sich laut Bahn korrekt verhalten. Ob er die ganze Schafherde sehen konnte oder womöglich den entgegenkommenden ICE hätte warnen können, war zunächst unklar.

Der Kasseler Verkehrswissenschaftler Helmut Holzapfel forderte eine bessere Sicherung von Eisenbahntunneln: „Genauso wie Weichen oder Brückenpfeiler sind Tunnel neuralgische Punkte. Und entsprechend muss man sie auch sichern.“ Bahnchef Mehdorn kündigte an, die Tunneleingangssicherungen zu überprüfen.

Am Nachmittag wurde damit begonnen, die demolierten Waggons mit Kranwagen aus dem Tunnel zu bergen. Wie lange das dauern wird und in welchem ICE-Reparaturwerk (eines davon steht in München) die Schäden behoben werden, steht noch nicht fest, sagte ein Bahnsprecher der AZ. Der Sachschaden beläuft sich auf „viele Millionen Euro“, die Strecke bleibe bis auf unbestimmte Zeit gesperrt. mh

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