Horror-Virus "Mers" breitet sich aus

Der gefährliche Erreger versetzt die arabische Welt in Angst und Schrecken. Saudi-Arabien meldet fast täglich neue Opfer. Ärzte streiken aus Furcht vor einer Infektion.
Natalie Kettinger |
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Das Handout des amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) zeigt einen Coronavirus unter dem Mikroskop. "Mers" gehört zu dieser Viren-Gruppe.
dpa 2 Das Handout des amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) zeigt einen Coronavirus unter dem Mikroskop. "Mers" gehört zu dieser Viren-Gruppe.
Auf dem Aquino International Airport werden Passagiere, die aus dem arabischen Raum einreisen, genau überprüft. Wer Krankheitssymptome zeigt, wird untersucht.
dpa 2 Auf dem Aquino International Airport werden Passagiere, die aus dem arabischen Raum einreisen, genau überprüft. Wer Krankheitssymptome zeigt, wird untersucht.

Der gefährliche Erreger versetzt die arabische Welt in Angst und Schrecken. Saudi-Arabien meldet fast täglich neue Opfer. Ärzte streiken aus Furcht vor einer Infektion.

Riad - Die unheimliche Krankheit beginnt wie eine Grippe. Mit Fieber und Gliederschmerzen. Häufig kommt Durchfall dazu - und im schlimmsten Fall ein Nierenversagen oder eine schwere Lungenentzündung: Das gefährliche Coronavirus "Mers" breitet sich in Saudi-Arabien immer rasanter aus. Die Gesundheitsbehörde in Riad meldet bereits 102 Todesfälle. 339 Menschen haben sich seit Auftauchen des Erregers Mers-CoV (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus) im Jahr 2012 in dem Königreich infiziert. Auch in München hat es bereits einen Toten gegeben: Im März 2013 starb ein 73-Jähriger aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hier an Mers.

„Möge Allah sich ihrer erbarmen“ wünscht die Gesundheitsbehörde in Saudi-Arabien auf ihrer Webseite den Mers-Toten. Seit wenigen Wochen steigen die Zahlen dort sprunghaft an.

Immer mehr Mediziner weigern sich, Infizierte zu behandeln

Die Regierung in Riad rüstet sich: Der Gesundheitsminister wurde ausgetauscht und Spezialzentren mit Isolierstationen in drei Städten eingerichtet. Doch von Riad, Dschidda oder Mekka gelangt das Virus auch in andere Länder und verbreitet Furcht. Am Wochenende meldete Ägypten einen ersten Verdachtsfall. Ein Rückkehrer aus Saudi-Arabien hatte Symptome aufgewiesen.

Zuletzt erwischte es insbesondere Ärzte, Apotheker und Krankenschwestern, die mit Erkrankten in Kontakt kamen. So wurde eine 38-jährige philippinische Apothekerin in Riad ins Krankenhaus gebracht, sie hatte sich offenbar angesteckt. In Dschidda wurde der Erreger Mers-CoV (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus) bei einer 30-jährigen indischen Krankenschwester diagnostiziert. In Mekka erkrankte ein 32-jähriger sudanesischer Arzt daran. Viele saudische Mediziner weigern sich aus Angst vor Ansteckung inzwischen, Infizierte überhaupt zu betreuen.Denn bislang gibt es weder eine Impfung noch eine Therapie. Der Körper muss versuchen, den Erreger selbst zu bekämpfen.

Warum das Coronavirus vor allem in Saudi-Arabien auftritt, weiß man nicht. Überhaupt weiß man im Moment relativ wenig. Die Erreger können sowohl in Vögeln als auch in Säugetieren vorkommen. Einige Studien weisen darauf hin, dass Mers seinen Ursprung in Fledermäusen hat. Wissenschaftler konnten das Virus aber auch in Kamelen nachweisen.

Wird Mers von Dromedaren übertragen?

Auf der Homepage des Robert-Koch-Institutes heißt es dazu: "Nach neueren Erkenntnissen sind Dromedare als die wahrscheinlichste Quelle für die menschlichen Infektionen in den Vordergrund gerückt." Bei etlichen Dromedaren aus dem arabischen Raum seien Antikörper gegen Mers-CoV gefunden worden. Außerdem sei auch das Virus selbst in ihrem Blut identifiziert worden. "In Katar wurden auf einer Farm, auf der ein Farmarbeiter und der Besitzer an Mers erkrankten, drei von 14 Dromedaren positiv auf Mers-CoV getestet. Die Dromedare zeigten bislang keinerlei Krankheitszeichen." Es wird gemutmaßt, dass sich dromedare vor allem im ersten Jahr ihres Lebens anstecken.

Tarik Jasarevic, Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO), erklärt: „Uns geht es jetzt darum, herauszufinden, wie der Erreger von Kamelen auf Menschen überspringt.“ Es gibt Hinweise, dass die Symptome bei einer Ansteckung von Mensch zu Mensch weniger schwerwiegend sind, als wenn der Erreger vom Tier auf den Menschen übergeht. Zugleich räumt der Experte ein: „Wir wissen noch immer nicht genug.“

Das Virus ist mit Sars verwandt und führt häufiger zum Tode

Eine neue WHO-Delegation aus Medizinern will sich nun auf den Weg in das Königreich machen, um nach Antworten zu suchen.

Vor zehn Jahren waren am Sars-Erreger, der ebenfalls zu den Coronaviren zählt, weltweit rund 800 Menschen gestorben. Mers gilt zwar als weniger ansteckend, führt aber häufiger zum Tode.

Vor allem das Auftreten des Erregers im islamischen Pilgerort Mekka alarmiert die Behörden. Denn bei der jährlichen großen Wallfahrt, dem „Hadsch“, versammeln sich dort mehr als zwei Millionen Gläubige aus aller Welt.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gibt es in Saudi-Arabien zwar mit Abstand die meisten Mers-Fälle. Doch ist der Erreger schon in vielen Ländern aufgetaucht – offiziell von der WHO bestätigt sind bislang 261 Infektionsfälle und 93 Tote. Nachweislich betroffen waren demnach in der Arabischen Welt vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate aber auch Jordanien, Kuwait, Oman, Katar und Tunesien. In Europa waren es Frankreich, Griechenland, Italien, Großbritannien und auch Deutschland. Ferner wurde der Erreger in Malaysia und auf den Philippinen diagnostiziert.

Schon im vergangenen Jahr warnte WHO-Generaldirektorin Margaret, dass der Erreger „eine Gefahr für die ganze Welt“ sei. Damit der Ernstfall nicht eintritt, sollte spätestens bis zum nächsten „Hadsch“ eine Lösung gefunden werden. Die große Pilgerfahrt wird dieses Jahr voraussichtlich Anfang Oktober sein.

Worauf Reisende jetzt unbedingt achten sollten 

Noch geht für Reisende aber keine erhöhte Gefahr aus. Zu dieser Einschätzung kommt Tomas Jeklinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin: „Es deutet bislang alles darauf hin, dass das Virus bisher nicht mutiert ist, daher besteht noch keine erhöhte Ansteckungsgefahr.“

Dennoch sollten Reisende grundlegende Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigen, etwa Abstand zu Menschen mit akuten Atemwegsinfektionen halten und Tierkontakte meiden. Insbesondere Kamele gelten als mögliche Überträger. Empfehlenswert sind außerdem allgemeine Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und der Verzicht auf nicht vollständig durchgegartes Fleisch sowie rohes Gemüse und ungeschältes Obst.

 

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