«Homo-Ehen» sollen gleichgestellt werden
Brigitte Zypries schlägt zum 60-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes mehrere Änderungen vor. Die Ministerin fordert unter anderem mehr Rechte für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und für Kinder.
Zum 60. Jahrestag der Grundgesetz-Verkündung hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mehrere Verfassungsänderungen ins Gespräch gebracht. In einer Beilage der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag) forderte die SPD-Politikerin einen besseren Schutz für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Solche Partnerschaften verdienten nicht weniger Respekt und rechtliche Anerkennung als Ehepartner und deshalb «sollte hier das Grundgesetz ergänzt und neben der Ehe auch die eingetragene Lebenspartnerschaft geschützt werden».
Damit legt sich Zypries erneut mit der Union an, die eine solche Gleichstellung vehement ablehnt. Die Grünen begrüßten Zypries' Vorstoß zur Gleichstellung von Homo-Ehen, warnten am Donnerstag aber auch vor einer Aushöhlung der Verfassung durch die Folgen des BKA-Gesetzes.
Zudem sprach sie sich dafür aus, die Unterscheidung zwischen Deutschen und Ausländern im Grundgesetz aufzuheben. Dies könne «ein Zugewinn an Rechtsklarheit und ein Symbol der Integration sein», schrieb Zypries.
Recht auf gewaltfreie Erziehung
Im «Mannheimer Morgen» (Freitag) regte die SPD-Politikerin die Aufnahme eines eigenen Kindergrundrechts an. Darin solle etwa ein Recht auf gewaltfreie Erziehung und auf Entfaltung der Persönlichkeit stehen. «Die Belange von Kindern müssten dann beispielsweise bei der Gesetzgebung, in der Verwaltung und vor den Familiengerichten noch stärker berücksichtigt werden», sagte Zypries. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, lobte das Grundgesetz in der «Bild»-Zeitung (Freitag) als «die beste Verfassung, die Deutschland je hatte». Es zeichne sich durch «Klarheit, Kürze und Verbindlichkeit» aus. Als Änderungswunsch nannte er, ein Selbstauflösungsrecht des Bundestages festzuschreiben. Zudem sprach er sich für die Einführung von «Volksinitiativen» auf Bundesebene aus, bei denen Bürger Gesetzgebungsverfahren anstoßen können. Volksabstimmungen über Bundesgesetze erteilte er eine Absage.
Mehr Achtung vor dem Grundgesetz
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) rief die Politik zur mehr Achtung vor dem Grundgesetz auf. Der scheidende DAV-Präsident Hartmut Kilger wandte sich beim 60. Deutschen Anwaltstag insbesondere gegen Regelungen des neuen BKA-Gesetzes. «Die Politik hat bei diesem Gesetz nichts aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelernt», sagte er am Donnerstag in Braunschweig. Zwar wolle er dem Gesetzgeber nicht unterstellen, absichtlich die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit auszutesten. Allerdings gebe es eine «schleichende Entwicklung», grundlegende Rechte auszuhöhlen.
Warnung vor «einem Stückwerk der Beliebigkeit»
Die Kirchen hoben die Flexibilität des Grundrechte-Katalogs hervor und warnten vor seiner Überfrachtung. «Das Grundgesetz erlaubt und ermöglicht eine behutsame Fortentwicklung und Fortschreibung», erklärten am Mittwoch die Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Erzbischof Robert Zollitsch und Bischof Wolfgang Huber. Jedoch brauche es «Augenmaß, um aus dem Grundgesetz nicht ein Stückwerk der Beliebigkeit zu machen, das die bewährte Verfassungsgrundlage unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung entwertet». Der Zentralrat der Muslime kritisierte unterdessen verbreitete Zweifel an der Verfassungstreue deutscher Muslime. «Für eine große Mehrheit der Muslime in Deutschland ist es eine Selbstverständlichkeit, Bürger dieses Staates zu sein und auf dem Boden der Verfassung zu stehen», betonte der Generalsekretär Aiman A. Mazyek im «Tagesspiegel» (Freitag). (dpa/AP)