Helmpflicht für Radler? Bayern sagt Nein

Noch immer fahren 89 Prozent oben ohne. Die Verkehrsminister streiten, ob der Kopfschutz erzwungen werden soll – jeder zweite tödliche Unfall könnte damit verhindert werden .  
Angela Böhm |
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Noch immer fahren 89 Prozent oben ohne. Die Verkehrsminister streiten, ob der Kopfschutz erzwungen werden soll – jeder zweite tödliche Unfall könnte damit verhindert werden
 

München/Potsdam- Radfahrer stürzen sich noch immer am liebsten oben ohne in den Verkehr. Nur elf Prozent von ihnen tragen einen Fahrradhelm. Das soll sich ändern. Nur wie? Darüber stritten sich gestern die Länder-Verkehrsminister bei ihrer Konferenz in Potsdam: Ob in Deutschland eine Helmpflicht für Radler eingeführt werden soll.


Bayern ist dagegen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will die Pedalritter nicht gängeln. Dabei ist seine eigene Polizei dafür. Denn im Freistaat sind die Zahlen dramatisch. Im vergangenen Jahr verunglückten 11291 Radler. Alleine in München waren es 1844 – ein Drittel aller Verkehrsunfälle. 41 Prozent aller Schwerverletzten waren mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. Vier starben. Alle vier trugen keinen Helm. „Nach Ansicht des Polizeipräsidiums München hätte eine Helmbenutzung zumindest in zwei Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Fahrradfahrer vor den tödlichen Unfallfolgen bewahrt”, heißt es im Verkehrsbericht 2010. Ferdinand Schmitz, Leiter der Münchner Verkehrszentrale„Wir warten immer auf die Einsicht, aber die kommt offensichtlich nur, wenn es einen Fall Althaus wie auf der Skipiste gibt. Deshalb wäre eine Helmpflicht wünschenswert.”


Die aber würde die Menschen abschrecken vom Radeln, argumentiert sein oberster Chef, Innenminister Herrmann. „Wir wollen den Anteil der Radfahrer erhöhen. Eine Helmpflicht würde genau das Gegenteil bewirken.” Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) unterstützt ihn. Er ist Schirmherr der Kampagne: „Fahrradhelm macht Schule”, die die Akzeptanz, freiwillig behelmt zu fahren, erhöhen will. „Mit Zwang und Pflichten” würde man das nicht erreichen, so sein Ministerium.


Den aber will Thüringens Verkehrsminister Christian Carius (CDU). Er kämpft für eine Helmpflicht in Deutschland – zumindest für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. „Gefährliche Kopfverletzungen, das bestätigen Unfallchirurgen, sind für jeden zweiten Todesfall verantwortlich”, so Carius. Eine von ihm eingerichtete Expertenkommission bringt in ihrem Bericht, der vorgelegt wurde, allerdings keine Klarheit. Auch sie bezweifelt, ob eine Helmpflicht durchgesetzt werden kann.


Zu den Experten gehörte auch ein Vertreter des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Der ist strikt dagegen und beruft sich auf Zahlen: 2009 wurden in Deutschland 462 Radfahrer getötet. 36 davon waren Kinder und Jugendliche. 231 aber Senioren. ADFC-Sprecher Roland Huhn: „Es fordert ja auch keiner eine Helmpflicht für Senioren.”
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), will das nicht verstehen: „Man kann die Schutzwirkung nicht bezweifeln. Ich halte die Helmpflicht für sinnvoll und durchsetzbar. Auch wenn es dafür keine politischen Mehrheiten gibt.” 

 


 

Die Rechtslage

Erst gurten, dann starten: Im Auto ist das für die meisten selbstverständlich – wie auch der Helm auf dem Motorrad oder der Vespa. Denn beides ist Pflicht und kostet 30 Euro Bußgeld, wenn man dagegen verstößt. Bei einem Unfall geht die Versicherung dann von einer Mitschuld aus. Das würde sie auch gerne bei Radfahrern, die keinen Helm tragen. Die Gerichte aber entschieden bisher anders, so lange es keine gesetzliche Radelhelmpflicht gibt. „Das Tragen oder Nichttragen eines Helms wirkt sich nicht auf den Versicherungsschutz aus“, so eine Sprecherin der Versicherungskammer Bayern.

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