Harry Wörz: Er ist unschuldig

Harry Wörz soll seine Frau mit einem Wollschal stranguliert haben. Dafür wurde er 1998 zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Jetzt spricht ihn das Mannheimer Landgericht frei.
von  Abendzeitung
arry Wörz im Mannheimer Langericht. Als der Richter das Urteil verkündet, bricht er in Tränen aus.
arry Wörz im Mannheimer Langericht. Als der Richter das Urteil verkündet, bricht er in Tränen aus. © dpa

MANNHEIM - Harry Wörz soll seine Frau mit einem Wollschal stranguliert haben. Dafür wurde er 1998 zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Jetzt spricht ihn das Mannheimer Landgericht frei.

Die Besucher im Gerichtssaal klatschen, als der Richter das Urteil verkündet, der Angeklagte bricht in Tränen aus. Über zwölf Jahre nach seiner Verhaftung ist der 43-jährige Harry Wörz endlich am Ziel. Unschuldig. Freispruch.

Es war ein langer Weg bis vor das Mannheimer Landgericht. Alles beginnt in der Nacht zum 23. April 1997. Der Täter stranguliert Wörz’ Ex-Frau, die Polizistin Andrea Z., im Schlafzimmer in ihrer Wohnung bei Pforzheim mit einem Wollschal so heftig, dass sie einen Gehirnschaden erleidet. Seitdem kann sie nicht mehr sprechen.

Die Pforzheimer Polizei übernimmt die Ermittlungen, darunter Kollege Thomas H., mit dem Andrea Z. nach der Trennung von Wörz eine Affäre hatte und der Vater des Opfers, ein hoch angesehener Polizist. Der Täter steht für die Beamten schnell fest: Harry Wörz. Doch der Bauzeichner beteuert seine Unschuld.

Das Landgericht Karlsruhe verurteilt Wörz 1998 wegen versuchten Totschlags zu elf Jahren Haft. Weil die Ehefrau nicht mehr aussagefähig und der gemeinsame, zweijährige Sohn als einziger Zeuge noch zu jung war, wurden Indizien gesammelt. Eine Plastiktüte, Zigarettenschachteln und abgetrennte Fingerlinge genügen. Die Staatsanwaltschaft sieht als Wörz' Motiv einen Sorgerechtstreit um den Sohn. Die Revision scheitert.

Der Richter nennt die Anschuldigungen "vage oder ominös"

Im Oktober 1999 verklagen die Eltern von Andrea Z. Harry Wörz auf 153000 Euro Schadenersatz wegen der Pflege ihrer behinderten Tochter. Sie wird eineinhalb Jahre später abgewiesen. Das Gericht zweifelt an der Schuld von Wörz. Auch der will sich mit seinem Urteil nicht abfinden. Vier Jahre und sieben Monate sitzt Wörz im Gefängnis, dann erreicht die Verteidigung, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird.

Das Gericht spricht Wörz am Ende aus Mangel an Beweisen frei, obwohl die Richter ihn letztlich doch für den Täter hielten – ein Widerspruch, den der Bundesgerichtshof nicht akzeptierte und deshalb einer Revision der Staatsanwaltschaft stattgab.

Im Prozess vor dem Mannheimer Landgericht hatte die Staatsanwaltschaft neuneinhalb Jahren Haft gefordert und die Verteidigung erneut Freispruch beantragt. Inzwischen gibt selbst die Anklage zu, dass die Pforzheimer einseitig und schlampig ermittelt hatten. Die Anschuldigungen der Kläger nannte der Vorsitzende Richter Rolf Glenz „vage oder ominös“.

Doch wer ist der Täter? Das Gericht hat einen neuen Verdächtigen: Thomas H. „Die Kammer hält es für wahrscheinlich, dass Thomas H. der Täter war“, sagte Glenz. Der Beamte habe sich in einem Konflikt zwischen der Geliebten und seiner Ehefrau befunden. Angesichts früherer Gewalttätigkeiten sei es nicht unwahrscheinlich, dass es in der Tatnacht zu einer Eskalation gekommen sei. Und außerdem: „Er hat für die Tatzeit kein Alibi.“

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