Haiti: Für Zigtausende Überlebende fehlen Zelte

PORT-AU-PRINCE - Erneut hat ein schweres Nachbeben das haitianische Katastrophengebiet erschüttert. Über Schäden ist bislang noch nichts bekannt. Inzwischen liegt die offizielle Zahl der Todesopfer bei 150.000. Doch die tatsächliche Zahl dürfte noch viel höher sein.
Die Internationale Organisation für Migration (IMO) hat einen Mangel an Zelten im haitianischen Katastrophengebiet beklagt. Im Lager der Organisation in Port-au-Prince befänden sich 10.000 Familienzelte, schätzungsweise 100.000 würden aber gebraucht, sagte der Leiter der Mission in Haiti, Vincent Houver. Außerdem könne es Wochen dauern, bis ausreichend Flächen für Zeltstädte gefunden seien, sagte Houver weiter. Das Land wurde unterdessen wieder von einem starken Nachbeben erschüttert. Das Nachbeben hatte eine Stärke von 4,7, wie die US-Erdbebenwarte am Sonntag mitteilte. Berichte über neue Schäden lagen nicht vor. Es war eines von rund 50 Nachbeben, die Haiti seit dem verheerenden Erdstoß vom 12. Januar erschüttert haben.
Die Zahl der bestätigten Todesopfer ist inzwischen auf über 150.000 gestiegen. Die tatsächliche Zahl liegt aber vermutlich noch höher, da in der Bilanz bislang weder die Opfer außerhalb der Hauptstadt noch die Toten enthalten sind, die von ihren Angehörigen verbrannt oder sofort beerdigt wurden.
Knapp zwei Wochen nach der Katastrophe wollten am (heutigen) Montag die Außenminister zahlreicher Staaten zu einem Vorbereitungstreffen für eine große internationale Geberkonferenz zusammenkommen. Dabei sollte unter anderem der bisherige Verlauf des Hilfseinsatzes erörtert werden, wie der gastgebende kanadische Außenminister Lawrence Cannon sagte. An dem Treffen in Montreal wollten der kanadische Ministerpräsident Stephen Harper, sein haitianischer Kollege Jean-Max Bellerive, Außenminister aus mehr als einem Dutzend Staaten sowie 14 internationale Organisationen teilnehmen.
Kritik an Amerikas Hilfseinsatz
Bei dem Treffen handele es sich nicht um eine Geberkonferenz, stellte Cannon klar. «Es soll sicherstellen, dass wir einen Aktionsplan haben» und die Koordination kurzfristig besser funktioniere.
Der italienische Außenminister Franco Frattini distanzierte sich unterdessen von kritischen Äußerungen des Leiters des italienischen Katastrophenschutzes über den internationalen Hilfseinsatz. Guido Bertolaso hatte am Sonntag erklärt, er halte die Hilfe für gescheitert. Der militärische Ansatz der USA sei ineffektiv und gehe an den Bedürfnissen der Menschen vorbei, erklärte Bertolaso, der 2009 die Hilfe nach dem Erdbeben in den Abruzzen geleitet hatte und dafür allseits gelobt worden war. Was dringend gebraucht werde, sei ein ziviler Koordinator der Hilfe. Die US-Militäraktion in Haiti nannte er gut gemeint, aber ineffektiv. Frattini sagte, Bertolaso habe eine private Meinung geäußert. (apn)