Grüner Daumen? AZ-Redakteurin testet Cannabis-Anbau selbst

München — Dass ich mal mit zwei Cannabis-Pflanzen zu einem Hintergrundgespräch mit Friedrich Merz (CDU) gehe, hätte ich auch nicht gedacht. Aber von vorn: Für die AZ schreibe ich eine neue Serie und baue selbst Cannabis an. Dazu habe ich mich in der vergangenen Woche nach Aschheim aufgemacht. Bei Schneeregen fahre ich mit Bahn und Bus in die "Natur Erlebniswelt", den "etwas anderen Bioladen". Der ist wirklich ziemlich anders und noch sehr ungewohnt: Dort werden nicht nur Samen für Cannabispflanzen verkauft, sondern auch Stecklinge. Das hat den Vorteil, dass man die Pflanze schneller ernten kann, weil sie früher blüht.
Keine Geranien, sondern potenzielle Drogen
Einige Kunden stromern durch den Laden, schauen sich grinsend an. Oder bilde ich mir das ein? Etwas verwegen komme ich mir vor. Ich kaufe halt eben keine Geranien, sondern eine Pflanze, aus der man eine Droge gewinnen kann.
Darf's denn lieber "La Amnesia" sein oder "Meringue"? Die eine hat ein zitronig-erdiges Aroma, die andere eher süß-vanillig. Ich entscheide mich für "Blue Barry", fruchtig mit Noten von Beeren. Entspannend und beruhigend soll es wirken, beispielsweise bei Schlafstörungen und chronischen Schmerzen helfen.

Über den Konsum habe ich mir ehrlich gesagt noch keinen Gedanken gemacht. Weder über das Ob, noch über das Wie.
Selbst nicht viel gekifft
Meine Cannabis-Erfahrung ist eher übersichtlich und ich hege gewisse Zweifel, dass die Pflänzchen bei mir überhaupt überleben.
Aber ich habe auch noch ein bisschen Zeit, mir Gedanken zu machen. Ende Juli sollen die Pflanzen blühen, dann muss man die Blüten abzupfen und trocknen. Im Idealfall in einem Wäschenetz, damit keine Insekten hinkommen.
20 Euro für ein kleines Hanfpflänzchen
Drei Pflanzen darf ich besitzen, zwei nehme ich. Eine kostet 20 Euro. Auf Rat des Verkäufers entscheide ich mich noch für "Super Silver Haze", eine "hochwirksame und beliebte" Cannabissorte.
"Belebend und kreativ" soll sie wirken, eine "beliebte Wahl für den Tagesgebrauch". Nun ja, so weit bin ich noch nicht und das habe ich auch nicht vor.
Augen auf bei der Pflanzenwahl: Hanf wächst bis zu 1,50 Meter hoch
Der THC-Gehalt liegt bei 19 bis 25 Prozent. Aus einem Zelt mit lila Beleuchtung reicht mir der Verkäufer zwei Pflänzchen, die aber die typischen geriffelten Cannabis-Blätter haben.
Ich merke schnell, dass ich im Laden ein Laie bin. Zwar sind so früh noch nicht viele Kunden da, aber andere scheinen deutlich mehr Ahnung zu haben als ich. Nicht jede Sorte eignet sich für das Klima bei uns, lerne ich. Es gibt sogar Sorten, die bis zu 1,50 Meter hoch werden. Ich verlasse mich auf das, was mir der Verkäufer sagt.
Sativa und Indica - Wo ist der Unterschied bei den Cannabis-Sorten?
Für Anfänger seien die zwei Sorten gut geeignet. Man unterscheidet zwischen "sativa"- und "indica"-Sorten. Sie unterscheiden sich, indem sie entweder anregend sind oder beruhigend. Zu viel darf man auch nicht ernten, denn: Nur bis zu 50 Gramm sind erlaubt.
Immer wieder klingelt das Telefon, die Nachfrage ist hoch. Auf der Suche nach Erde sind viele, die im größeren Stil als Cannabis-Club anbauen möchten, kriege ich mit. Aber alles ausverkauft.
Vor drei Wochen noch strafbar
Mit meinen zwei Stecklingen laufe ich noch den ganzen Tag durch München, eben auch zu Friedrich Merz im Presseclub. Ein bisschen seltsam fühlt sich das schon an, weil ich ja etwas mache, was vor drei Wochen noch strafbar war.
Daheim soll ich die Stecklinge umpflanzen — am besten in Tomatenerde. Bis zu den Eisheiligen soll ich die Pflanzen drinnen lassen und dann am besten südseitig stellen. Bei mir daheim schneit's immer noch: Die Umtopfaktion zögere ich daher ein bisschen hinaus.