Groupie mit Prinzipien

Die Münchner Schauspielerin Michaela May über ihre neue Rolle, die 68er und Knutschen im VW
von  Abendzeitung
Kriminalhauptkommissarin Jo Obermaier (Michaela May) und Kriminalhauptkommissar Juergen Tauber (Edgar Selge).
Kriminalhauptkommissarin Jo Obermaier (Michaela May) und Kriminalhauptkommissar Juergen Tauber (Edgar Selge). © az

Die Münchner Schauspielerin Michaela May über ihre neue Rolle, die 68er und Knutschen im VW

Die letzten sieben Jahre jagte sie als Kommissarin Jo Obermaier im „Polizeiruf 110“ Verbrecher. Ab 2009 übernimmt Stefanie Stappenbeck den Job. Doch Michaela May hat schon konkrete Zukunftspläne. „Alles was recht ist“, heißt der TV Film, den das Erste am 21. Februar zeigt. Und kommt er beim Publikum an, geht Mays Rolle der aufsässigen Richterin Lena Kalbach in Serie.

AZ: Frau May, wie schwer fällt Ihnen der Abschied vom „Polizeiruf 110“?
MICHAELA MAY: Ich bin sehr traurig, dass die Zusammenarbeit mit Edgar Selge zu Ende ist. Auf der anderen Seite bin ich ganz froh, neue Wege gehen zu können. Als Dauerkommissarin kommen Rollen mit interessanten Psychogrammen wie Täter oder Opfer für einen nicht in Frage.

Künftig setzen Sie als Richterin Lena Kalbach für Ihre Überzeugungen schon mal die Karriere aufs Spiel.
Das ist doch eine zentrale Frage unserer heutigen Gesellschaft: „Wie wichtig ist die Karriere, und wie wichtig ist es mir, dass ich mich menschlich und persönlich weiterentwickle?“

Für Lena ist die Antwort klar, ihre 68er-Seite schlägt durch.
Aber sie ist nicht dagegen, nur um einfach dagegen zu sein. Das unterscheidet sie von den 68ern. Damals waren wir immer gegen alles, und das nicht nur aus Idealismus, sondern auch weil’s schick war. Aber den Mut, auch mal Nein zu sagen, wenn man auf Widerstände stößt, habe ich mir hoffentlich aus dieser Zeit bewahrt.

Ihre Filmfigur ist also auch Vorbild?
Insofern, dass man durchaus mal gegen etwas sein kann. Ich merke bei meinen Töchtern, dass sie wahnsinnig leistungsorientiert sind aus Angst vor Arbeitslosigkeit. Man muss ein Superabitur machen, ein Superstudium hinlegen und sollte dabei möglichst wenig Zeit verplempern. Die Kinder von heute sind ziemlich stromlinienförmig.

Haben Sie Ihre Kinder bestärkt, auch mal gegen den Strom zu schwimmen?
Ich ließ ihnen viele Freiheiten, was sie glücklicherweise nie ausgenutzt haben. Ich habe ihnen mitgegeben, dass man immer ehrlich zu sich selbst sein muss.

Im Film spielt der Konflikt zwischen Lena und ihrer Tochter Nike eine große Rolle.
Die Mutter lebt legerer und freiheitlicher als ihre Tochter, die konservativer und strukturierter ist. Auch meine Töchter sind wesentlich strukturierter als ich. Eine studiert sogar Wirtschaftsmanagement. Das wäre nichts für mich, schon allein wegen all der Zahlen.

Lena hat „Kapitalisten“ schon mal mit Eiern beworfen. Waren Sie ein Hippie?
Wir waren auch gegen das Establishment und brachen Mercedes-Sterne ab. Ich lief Glöckchen bimmelnd übers Oktoberfest, um die wahnsinnig biederen, reaktionären Typen dort zu provozieren. Doch das 1968, wie ich es erlebte, war weniger politisch.

Wie sah Ihr ’68 aus?
Ich war ein Groupie, hatte mich in den Schlagzeuger der Münchner Krautrockband Sahara verliebt. Im VW-Bus der Band konnte man tierisch gut knutschen.

Und später?
Später war ich mit einem Studenten zusammen, da wurde dann auch mal über Gesetze diskutiert. Aber ich war weder eine Uschi Obermaier noch eine Kommunardin, auch wenn ich einmal mit Rainer Langhans gedreht habe.

Was haben Sie für sich aus dieser Zeit mitgenommen?
Dass man den Mut haben muss, Haltung zu zeigen. Bei den Eltern fing es mit dem Widerstand an und ging bei den Obrigkeiten im Amt weiter. Man darf sich von denen nicht ins Bockshorn jagen lassen.

Interview: Nina Hortig

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