Großbrand in Israel: Feuerwehr hat keine Kontrolle

TEL AVIV/HAIFA - Die Feuerwalze in Israel rollt auf die Großstadt Haifa zu. Mehr als 40 Menschen sind schon gestorben. Nun hoffen die Israelis, dass Löschflugzeuge aus vielen Ländern den Großbrand noch stoppen. Die eigene Feuerwehr ist für so eine Katastrophe schlecht ausgestattet.
Der verheerende Großbrand in Israel frisst sich aus dem Gebirge bedrohlich schnell in Richtung Haifa vor. Am Freitag hatte die völlig außer Kontrolle geratene Feuerwalze bereits die Außenbezirke der israelischen Großstadt erreicht. Nach einem Hilferuf von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rollt eine internationale Welle der Unterstützung an. Viele Länder schicken Löschflugzeuge.
Mindestens 41 Menschen sind nach dem Ausbruch des Feuers im Karmel-Gebirge bislang gestorben, darunter Dutzende Gefängniswachmänner, die Häftlinge retten sollten. Über 17 000 Menschen mussten sich vor dem Flammeninferno in Sicherheit bringen.
Die Regierung bezeichnet den bislang schlimmsten Großbrand in der Geschichte des Landes als „nationale Tragödie“.
Mehr als 20 Löschflugzeuge wurden am Freitagvormittag in Israel erwartet. Aus Bulgarien trafen schon 100 Feuerwehrleute ein. Spanien, Griechenland, Zypern, Aserbaidschan, Russland sowie die arabischen Nachbarstaaten Ägypten und Jordanien sagten Hilfe zu.
Selbst die Türkei, deren Beziehungen zu Israel seit Monaten seit einem tödlichen Zwischenfall bei einer Auseinandersetzung mit der Gaza-Hilfsflotte angespannt sind, wollte zwei Löschflugzeuge entsenden. US-Präsident Barack Obama kündigte ebenfalls Unterstützung an.
Wegen des Feuersturms mussten bereits zwei Gefängnisse geräumt werden – in einem davon saßen palästinensische Sicherheitshäftlinge. Nach Angaben der Gefängnisverwaltung sind bislang 900 Insassen aus beiden Haftanstalten in Sicherheit gebracht worden.
Das Feuer hat nach Angaben der Forstbehörde eine Fläche von rund 30 Quadratkilometern Wald- und Buschlandschaft mit 1,5 Millionen Bäumen vernichtet. Die Fläche entspricht etwa der Größe der Nordseeinsel Borkum.
Das Feuer kann sich so rasend schnell ausbreiten, weil in Israel seit Monaten Trockenheit herrscht. Es ist kaum Regen gefallen. Die Mittagstemperaturen liegen derzeit bei 28 Grad Celsius. Außerdem werden die Flammen durch den Seewind weiter angefacht.
Die genaue Brandursache ist weiterunklar. Die Behörden schließen Brandstiftung nicht aus, weil das Feuer an mehreren Stellen gleichzeitig losging. Ein Abgeordneter der ultra-rechten Partei Nationale Union machte bereits arabischstämmige Israelis verantwortlich und sprach von einem Terrorakt. Und das, obwohl eine Untersuchung der Brandursache noch aussteht.
Die israelischen Medien kritisieren eine völlig schlechte Ausstattung der Feuerwehr. Nach Angaben der Tageszeitung „Haaretz“ hatte das erste Löschflugzeug am Donnerstag erst zwei Stunden nach Ausbruch des Brandes die Unglücksstelle erreicht. Außenminister Avigdor Lieberman räumte ein, dass der Mangel an Löschflugzeugen bekannt sei. Er habe das Thema mehrfach angesprochen. „Aber nichts bewegt sich, bis ein Desaster passiert“, sagte Lieberman.
Das Feuer war nach bisherigen Erkenntnissen am Donnerstagvormittag ausgebrochen. Es hatte im trocknen Unterholz rasend schnell um sich gegriffen. Weil das Damon-Gefängnis mit rund 500 Insassen in der Brandschneise liegt, wurde die Evakuierung angeordnet. Dabei sollten neu ausgebildete Wachmänner helfen. Auf dem Weg zum Gefängnis blieben sie stecken, weil ein brennender Baum auf die Straße gefallen war und den Weg versperrte. Für 36 der 50 Beamten kam jede Hilfe zu spät. Die weiteren Toten sind zwei Polizisten, ein freiwilliger Feuerwehrmann sowie ein Zivilist. Ein Opfer war zunächst noch nicht identifiziert.
Viele Feuerwehrleute hatten gehofft, dass eine Hauptstraße zwischen Haifa und Tel Aviv als Brandschneise die Flammen aufhalten würde. Doch dieser Wunsch erfüllte sich nicht: Die Flammen überwanden das Hindernis innerhalb kürzester Zeit.
Das Ganze sehe „wie ein Vulkan“ aus, sagte ein Bewohner Haifas. Vor allem das Tempo, in dem sich das Feuer ausbreitete, machte viele sprachlos. „Eine derartige Ausbreitung haben wir noch nie gesehen“, sagte Haifas Bürgermeister Yonah Yahav. Haifa ist die drittgrößte Stadt in Israel. Der Großraum Haifa hat rund 600 000 Einwohner.
dpa