Greenpeace wirft vor Sylt Felsen ins Meer

Die Umweltschutzorganisation will 1000 riesige Steine in der Nordsee versenken, um die zerstörerische Fischerei mit Schleppnetzen zu verhindern. Das Sylter Außenriff ist ein wichtiger Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten.
von  Abendzeitung
Die Nordsee vor Sylt
Die Nordsee vor Sylt © dpa

Die Umweltschutzorganisation will 1000 riesige Steine in der Nordsee versenken, um die zerstörerische Fischerei mit Schleppnetzen zu verhindern. Das Sylter Außenriff ist ein wichtiger Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat am Dienstag in der Nordsee eine Aktion gegen die Zerstörung des Sylter Außenriffs gestartet. Um Fischer künftig daran zu hindern, in dem Naturschutzgebiet ihre Schleppnetze auszuwerfen, wollen die Umweltaktivisten dort in den nächsten Wochen 1000 Steinbrocken versenken. Am Dienstagvormittag wurden die ersten Steine von einem Schiff ins Meer geworfen. Es handelt sich um Naturfelsen, die dem Riff ähneln und nach dem Versenken das bestehende Sylter Außenriff vergrößern.

Mit dem Versenken der Felsblöcken im Wattenmeer vor der Nordseeinsel Sylt wollen die Umweltschützer Fischerei sowie Sand- und Kiesabbau verhindern. Dort gebe es täglich eine «zerstörerische wirtschaftliche Nutzung», sagte Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack. Obwohl Deutschland das Areal der Europäischen Union als «Natura 2000 - Schutzgebiet» gemeldet hat, werde es durch schwere Saugbagger für den Abbau von Sand und Kies sowie die Schleppnetze der Fischer bedroht.

«Wer heute alles wegfängt...»

Mit Schleppnetzen werden vor allem Scholle, Seezunge und Krebstiere gefangen. Umweltschützer hatten schon früher dagegen protestiert, weil beim Ziehen der Netze über den Meeresboden viele der darauf lebenden Wesen zerstört werden. Außerdem kritisierten sie den hohen Anteil von Beifang, der wieder ins Meer geworfen wird und meist nicht überlebt. Die Fischer würden sich mit ihren zerstörerischen Fangtechniken selbst schaden, sagte Iris Menn, Meeresexpertin von Greenpeace. «Wer heute alles wegfängt, wird morgen leere Netze haben.» Das «Sylter Außenriff» ist eines der seltenen Steinriffe in der Nordsee. Nach Angaben von Greenpeace ermöglichen die versenkten Natursteine vielfältiges Leben. Dazu zählen Tiere, die auf ihnen festsitzen, Fische, die zwischen ihnen Nahrung und Schutz finden, und Schweinswale, die zur Paarung und Geburt in das Schutzgebiet kommen. Bedrohte Fischarten im «Sylter Außenriff» seien vor allem Finte und Flussneunauge.

1000 Steine sollen versenkt werden

Greenpeace fordert ein Verbot der Fischerei sowie des Sand- und Kiesabbaus in den Schutzgebieten. «Nur so lassen sich Arten und Lebensräume schützen. Nur so haben die Fischbestände eine Chance, sich zu erholen», sagte Greenpeace-Meeresexpertin Iris Menn. Mit den Schiffen «Noortland», «Beluga II» und «Argus» wollen die Umweltschützer in den kommenden Wochen insgesamt rund 1000 tonnenschwere Steine versenken, um die Tier- und Pflanzenwelt des Sylter Außenriffs zu schützen. Dieser Bereich umfasst nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) ein rund 5300 Quadratkilometer großes Gebiet vor Sylt und Amrum sowie den Moränenrücken der nordöstlichen Flanken des Elbe-Urstromtals. Der Meeresboden besteht aus Sandflächen, Kies und Schlickböden mit mosaikartig abgegrenzten Steinfeldern dazwischen. Auf diesen Felsen siedeln unter anderem sogenannte Blumentiere wie Seenelken, aber auch Wasserpflanzen. Das reichhaltige Nahrungsangebot lockt Schweinswale, Seehunde, Kegelrobben und Seevögel an. Laut BfN wird der Schweinswal-Bestand in dem Bereich auf 10.000 Tiere geschätzt - das ist mehr als ein Viertel des Gesamtbestandes in Nord- und Ostsee.

Ein Netz von Schutzgebieten

Die EU hat ihre Mitgliedstaaten mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) verpflichtet, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt an Land und im Meer ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten (Natura 2000) zu schaffen. Deutschland meldete der EU in Nord- und Ostsee außer zwei Vogelschutzgebieten insgesamt acht Unterwasserschutzzonen. In der Nordsee sind das außer dem Sylter Außenriff die Doggerbank und Borkum Riffgrund, in der Ostsee Fehmarnbelt, Kadetrinne, Westliche Rönnebank, Adlergrund und Pommersche Bucht mit Oderbank. (dpa/epd/AP)

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