Geschlagen und beschimpft: Prozess wegen Attacke auf Kippa-Träger beginnt

Der Angriff auf einen Kippa tragenden Israeli in Berlin löste große Empörung aus. In mehreren Städten gingen Menschen mit Kippa als Zeichen der Solidarität auf die Straße. Nun steht ein junger Syrer vor Gericht.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Mike Samuel Delberg, Repräsentant der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, spricht mit Journalisten vor einem Gerichtssaal des Amtsgerichts Tiergarten.
Paul Zinken/dpa Mike Samuel Delberg, Repräsentant der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, spricht mit Journalisten vor einem Gerichtssaal des Amtsgerichts Tiergarten.

Berlin - Rund zwei Monate nach der Attacke gegen einen Kippa tragenden Israeli in Berlin hat ein 19-jähriger Syrer die Tat vor Gericht gestanden. Zum Auftakt des Prozesses am Amtsgericht Tiergarten räumte der Angeklagte ein, sein Opfer mit einem Gürtel geschlagen zu haben.

Die Kippa des Mannes habe er erst zum Schluss gesehen. Er bereue die Tat und entschuldige sich. Zugleich betonte der 19-Jährige mehrmals, er habe sich im Recht gefühlt, da er zuerst beschimpft und beleidigt worden sei.

Am Dienstag sollten noch Zeugen gehört werden. Richter Günter Räcke gab bekannt, dass der Prozess am kommenden Montag fortgesetzt werden soll. Ursprünglich war nur ein Verhandlungstag geplant. Ob am Montag auch das Urteil gesprochen wird, war zunächst unklar. Gläubige jüdische Männer erkennt man oft an der Kippa: einem kleinen, runden Käppchen aus Stoff, das sie auf dem Hinterkopf tragen.

Kippa-Träger mit Gürtel geschlagen

Dem Angeklagten werden gefährliche Körperverletzung mit einem Gürtel und Beleidigung zur Last gelegt. Laut Anklage wurden der Israeli sowie ein Deutsch-Marokkaner, der ebenfalls eine Kippa trug, am 17. April im Stadtteil Prenzlauer Berg antisemitisch beschimpft, der Israeli mit einem Gürtel mindestens zehn Mal geschlagen. Die Gürtelschnalle habe den Israeli im Gesicht, am Bauch und an den Beinen getroffen, eine Lippe sei aufgeplatzt. Der Angreifer soll auf Arabisch "Jude" geschrien haben.

Der Fall wird in Berlin ungewöhnlich schnell juristisch aufgearbeitet: Bereits einen Monat nach dem Angriff war Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung erhoben worden.

Angeklagter gesteht, er habe vor der Tat Drogen konsumiert

Der Flüchtling, der 2015 nach Deutschland kam, beteuerte: "Ich bin keiner, der gegen Juden ist." Etliche Fragen des Richters beantwortete er nicht konkret. Teils auf Deutsch, teils auf arabisch mit Dolmetscherin - erklärte der 19-Jährige: "Es tut mir sehr leid, es war ein Fehler von mir." Er fügte hinzu: "Ich wollte ihn nicht schlagen, ich wollte ihm nur Angst machen." Er habe zuvor Drogen genommen. "Ich hab gekifft, ich war auf Drogen,(...) mein Kopf war müde." Er habe nicht mit der Gürtelschnalle geschlagen und nur einige Male getroffen.

Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Der Mann war einer Flüchtlingsunterkunft in Brandenburg zugewiesen, hielt sich aber in Berlin auf. Sein Leben habe aus Schule und Fußballverein bestanden, sagte der Angeklagte.

Übergriff löste bundesweite Empörung aus

Der Israeli hatte den Angriff gefilmt und das Video ins Internet gestellt. In dem Filmausschnitt war zu sehen, wie ein Mann mit einem Gürtel auf den Filmenden einschlägt und auf arabisch "Jude" ruft.

Der Übergriff hatte bundesweit eine Welle der Empörung ausgelöst. Hochrangige Politiker bis hin zu Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigten sich betroffen. Als Zeichen gegen Antisemitismus waren in mehreren deutschen Städten Menschen mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung auf die Straße gegangen. Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, hatte zuvor davor gewarnt, den Judenhass in Deutschland kleinzureden.

<strong>Lesen Sie auch: Mann nach Gewalttod von 16-Jähriger festgenommen</strong>

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.