Germanwings: Wollte Co-Pilot Airbus hochziehen?
Paris - Hatte der Amok-Pilot Andreas L. doch noch vor, den Airbus beim Unglücksflug 4U9525 kurz vor Aufprall abzufangen und die Maschine nach oben zu ziehen? Bekam der Co-Pilot kurz vor dem dramatischen Crash Panik? Eine Passage im 29-seitigen Zwischenbericht der französischen Luftfahrt-Behörde BEA lässt neue Spekulationen zu.
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Fakt ist: Kurz vor Absturz verzeichnet die Blackbox eine seltsame Bewegung am Steuerknüppel auf der Seite des Co-Piloten! Minuten vor dem Aufprall in Südfrankreich bewegte Andreas L. den Steuerknüppel ganz leicht - aus unbekanntem Grund, wie die Ermittler sagen. Auswirkungen habe dies wegen des laufenden Autopiloten nicht gehabt.
Der Co-Pilot versuchte im Klaretxt kurz vor dem Unglück nochmal den Kurs des Airbus zu ändern. Die Kursänderung war aber zu sanft, der Autopilot blieb in Funktion und weiter auf Todeskurs.
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Andreas L. übte den Sinkflug auf dem Hinflug
"Man kann daraus schließen, dass er handlungsfähig war, und dass alle seine Handlungen den gleichen Sinn hatten, nämlich das Flugzeug auf den Boden stürzen zu lassen", sagte Bea-Direktor Rémi Jouty am Mittwoch in Le Bourget bei Paris. Zuvor habe der Copilot mehrfach die Geschwindigkeit bis zur maximal einstellbaren erhöht.
Der A320 der Lufthansa-Tochter zerschellte am 24. März auf dem Rückweg von Barcelona nach Düsseldorf in den Alpen. Der Copilot blockierte den Ermittlern zufolge die Cockpit-Tür und sperrte den Flugkapitän damit aus. Schon auf dem Hinflug habe Lubitz eine Abwesenheit des Piloten genutzt, um den Höhenregler mehrmals kurz auf 100 Fuß zu stellen. Dies geschah während eines ohnehin von der Flugsicherung angeordneten Sinkflugs, deshalb seien für Lotsen und Crew keine ungewöhnlichen Flugbewegungen zu beobachten gewesen. "Er hat diesen Handgriff wiederholt", betonte Jouty. Er werde aber nicht darüber spekulieren, was dabei im Kopf des Mannes vor sich gegangen sei.
Zu bemerken waren diese Manipulationen auf dem Hinflug außerhalb des Cockpits nicht: "Das hätte man weder als Passagier noch von der Flugsicherung her merken können", sagte der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Markus Wahl, der Deutschen Presse-Agentur. Nur der Pilot hätte etwas mitbekommen können - dazu hätte er aber im Cockpit sein müssen.
Auch zur Krankheitsgeschichte des Copiloten enthält der Bericht Details. So war in der Pilotenlizenz des 27-Jährigen ein Hinweis auf seine medizinische Vorgeschichte vermerkt ("SIC-Eintrag"). Dies bedeute, dass der Fliegerarzt vor der regelmäßigen Beurteilung der Flugtauglichkeit die Lizenzbehörde - in Deutschland das Luftfahrtbundesamt - kontaktieren müsse.
Laut Bea erneuerte das Flugmedizinische Zentrum der Lufthansa das Tauglichkeitszeugnis wegen Lubitz' mit Medikamenten behandelten Depression 2009 zweimal nicht. Im selben Jahr habe er dann ein neues Tauglichkeitszeugnis erhalten. Dies zeige, dass der Fall des Mannes damals aufmerksamer untersucht worden sei, sagte Bea-Direktor Jouty.
Die Bea ist für die nach Flugzeugunfällen üblichen Sicherheitsuntersuchungen zuständig, die unabhängig von der strafrechtlichen Aufarbeitung läuft. Die jetzt vorgelegte Darstellung des genauen Ablaufs des Flugs ist dabei nur ein erster Schritt - der endgültige Bericht wird wohl erst nach einem Jahr vorliegen. Darin soll es dann auch um mögliche Konsequenzen für die Sicherheitsvorschriften in der Luftfahrt gehen.
Die französische Behörde will insbesondere die Regeln zur medizinischen Untersuchung von Piloten und die "Balance zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Flugsicherheit" betrachten. Zudem steht die Frage der Cockpitsicherheit auf ihrer Agenda. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 waren die Cockpittüren mit neuen Sicherheitssystemen ausgestattet worden - im Fall des Germanwings-Flugs versuchte der Kapitän vergeblich, in das verriegelte Cockpit zu gelangen. Jouty: "Das Szenario einer psychologischen Untüchtigkeit des Piloten wurde damals nicht in Betracht gezogen."
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