Germanwings-Absturz: Ist Andreas Lubitz unschuldig?

Zweifel am Abschlussbericht des Germanwings-Absturz! Flugunfallexperte Tim van Beveren übt harte Kritik an der bisherigen Darstellung der Flugzeugkatastrophe. Eine Alleinschuld von Andreas Lubitz stellt er in Frage.
von  AZ/dpa
Günter Lubitz am Freitag in Berlin.
Günter Lubitz am Freitag in Berlin. © dpa

Zweifel am Abschlussbericht des Germanwings-Absturz! Flugunfallexperte Tim van Beveren übt harte Kritik an der bisherigen Darstellung der Flugzeugkatastrophe. Eine Alleinschuld von Andreas Lubitz stellt er in Frage.

Berlin - "Etwas Vergleichbares habe ich in den vergangenen 25 Jahren nicht erlebt" – Der Flugunfallexperte Tim van Beveren hat die Ergebnisse des Untersuchungsberichts zum Germanwings-Absturz vor zwei Jahren in Zweifel gezogen.

Dass die Ermittler bereits 48 Stunden nach der Katastrophe eine Absturzursache festgelegt haben, sei mehr als unüblich. 

Saß Andreas Lubitz gar nicht im Cockpit?

Nach Ansicht des Flugunfallexperten ist nicht klar erwiesen, wer zum Zeitpunkt des Absturzes der Germanwings-Maschine vor zwei Jahren im Cockpit saß.

Nach Erkenntnissen der Ermittler hatte der Copilot Andreas Lubitz den Airbus absichtlich gegen einen Berg in Südfrankreich gesteuert. Zuvor habe er den Flugkapitän ausgesperrt. Dies sei nicht zweifelsfrei erwiesen, sagte van Beveren am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Er kritisierte zudem, dass bei den Ermittlungen zur Unfallursache nur Ingenieure eingesetzt worden seien, aber keine "Human Factor"-Experten, die darauf spezialisiert seien, den Faktor Mensch zu analysieren. Diese könnten beispielsweise aus Stimmenrekorder- und Funk-Aufzeichnungen auf Stress schließen.

Nach Behauptung des Gutachters Tim van Beveren könnte es zudem schon vor dem letzten Flug der abgestürzten Germanwings-Maschine Probleme mit der Cockpit-Verriegelung gegeben haben. Er habe Informationen erhalten, dass sich eine Crew dieses Jets einmal selbst ausgesperrt habe. Er habe dies den Absturz-Ermittlern auch mitgeteilt. "Es ist nicht untersucht worden", so van Beveren.

Van Beveren verwies zudem auf Turbulenzen, die es am 24. März 2015 über dem Absturzgebiet gegeben habe. Solche Luftlöcher seien sehr gefährlich. Etliche andere Piloten hätten deswegen am Absturztag niedrigere Flughöhen gewählt.

Lubitz' Vater rechtfertigt Termin der Pressekonferenz

Vor den Ausführungen des Experten Van Beveren sprach Günter Lubitz zu den anwesenden Pressevertretern.

Die Familie des Germanwings-Copiloten sieht sich zwei Jahre nach dem Absturz in einer speziellen Trauersituation. "Wir müssen damit leben, dass wir nicht nur unseren Sohn und Bruder verloren haben", sagte Günther Lubitz am Freitag in Berlin. Die Familie müsse damit leben, dass ihr Sohn schon zwei Tage nach dem Absturz als Verantwortlicher galt.

Lubitz rechtfertigte den Zeitpunkt der Pressekonferenz auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Crash. Die Reaktionen wären die gleichen gewesen, "egal welchen Tag wir gewählt hätten". Der Familie sei es darum gegangen, Gehör zu bekommen. "Wie alle anderen Angehörigen sind wir auf der Suche nach der Wahrheit." Sein Sohn habe zum Zeitpunkt des Absturzes nicht an Depressionen gelitten.

Vater: "Er hatte keinen Grund, sich das Leben zu nehmen"

Auch im westfälischen Haltern wird am Freitag der Opfer gedacht. Unter den Toten waren 16 Schüler und zwei Lehrerinnen eines dortigen Gymnasiums. Zur Absturzzeit sind fünf Schweigeminuten geplant. Zugleich sollen die Trauerglocken aller Kirchen in Haltern läuten.

Bereits in der Einladung zu der Veranstaltung hatte Lubitz' Vater die "Annahme des dauerdepressiven Copiloten, der vorsätzlich und geplant in suizidaler Absicht das Flugzeug in den Berg gesteuert haben soll", bezweifelt. In einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte er: "Unser Sohn war ein sehr verantwortungsvoller Mensch. Er hatte keinen Anlass, einen Selbstmord zu planen und umzusetzen, und erst recht nicht, dabei noch 149 andere unschuldige Menschen mitzunehmen."

Die Toten kamen vor allem aus Deutschland und Spanien. Allein 65 Opfer stammten aus Nordrhein-Westfalen.

 

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