Geplante frühe Freigänge bei lebenslanger Haft: Protest
Berlin/Potsdam - Schwerverbrecher mit lebenslanger Haft könnten in einigen Bundesländern bereits nach fünf statt wie bisher nach zehn Jahren einen Langzeitausgang erhalten. Das jedenfalls sehen Pläne mehrere Länder zur Vollzugslockerung vor.
Gewerkschaften machen dagegen Front: Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprachen von einem Experiment auf Kosten der Sicherheit und auf dem Rücken der Bürger. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands erklärte, die Pläne seien ein "Hohn gegen die Opfer".
Die Gewerkschaften beziehen sich auf einen Vorschlag, der vor allem von Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) unterstützt wird. Zehn Bundesländer hatten sich im September auf Lockerungen im Strafvollzug verständigt. Ein entsprechender Musterentwurf soll Grundlage für die Gesetzgebung in den einzelnen Ländern sein. Es bleibt aber den Länder selbst überlassen, welche Formulierungen des Mustertextes sie in ihre jeweiligen Gesetze übernehmen. Solange die Länder keine eigenen Gesetze haben, gilt ein Bundesgesetz weiter, wonach zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Täter nach zehn Jahren Haft Urlaub bekommen können.
DPolG-Chef Rainer Wendt sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag): "Schwerverbrecher nach kürzester Zeit wieder auf Bürger loszulassen, ist skandalös und wäre ein gefährliches Experiment auf dem Rücken der Bürger." Der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut sagte: "Ein sogenannter Langzeitausgang nach fünf Jahren Haft würde das Rechtsempfinden der Bürgerinnen und Bürger schwer erschüttern." Witthaut äußerte den Verdacht, dass die Überbelegung in vielen Gefängnissen und die Personalknappheit beim Justizvollzugspersonal ein Motiv für den Vorstoß sein könnten. "Aus Kostengründen darf die Bevölkerung aber keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt werden."
Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) wies die Kritik zurück. Die Verfassung gebiete es, auch bei schweren Straftätern eine Resozialisierung zu verfolgen, sagte er am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. "Sicherheit und Resozialisierung - und zur Resozialisierung gehören die Haftlockerungen - dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden." Andere Länder wie Berlin und Bayern lehnen Hafterleichterungen nach fünf Jahren ab.