Geiseldrama vor Somalia spitzt sich zu
Den vier Seeräubern mit US-Kapitän Phillips als Geisel ist es offenbar gelungen, sich deutlich der somalischen Küste zu nähern. Verhandlungen über eine Freilassung des 53-Jährigen sind offenbar zunächst gescheitert.
Nach der sicheren Ankunft des amerikanischen Frachters «Maersk Alabama» im Hafen von Mombasa hat die Mannschaft ihre Hoffnung auf Freilassung ihres verschleppten Kapitäns bekräftigt. Richard Phillips sei ein Held, erklärte ein Matrose. «Er hat unser Leben gerettet.» Der Kapitän habe die Mannschaft nach dem Piratenüberfall am Mittwoch angewiesen, sich in Sicherheit zu bringen und einzuschließen, sagte ein Crew-Mitglied. Dann habe er sich den somalischen Seeräubern ergeben, um seine Männer zu retten.
Vier Seeräuber halten Phillips in einem Rettungsboot fest und werden zunehmend von der US-Marine bedrängt. Das Boot treibt im Indischen Ozean, weil ihnen das Benzin ausgegangen ist. Die Verhandlungen über die Freilassung des 53-Jährigen sind einem Zeitungsbericht zufolge zunächst gescheitert. Eine Gruppe von Stammesältesten habe die Gespräche abgebrochen, als amerikanische Unterhändler auf der Festnahme der Seeräuber bestanden hätten, meldete die «New York Times» unter Berufung auf somalische Quellen. Wie zudem der Fernsehsender CNN berichtete, scheiterte eine Gruppe amerikanischer Marinesoldaten mit dem Versuch, Phillips zu erreichen. Die Seeräuber hätten Warnschüsse abgegeben, woraufhin das Team wieder zum US-Kriegsschiff «USS Bainbridge» zurückkehrt sei. Während in US-Medien zuerst von einer versuchten Befreiungsaktion die Rede war, hieß es nun, der Trupp habe eine Kontaktaufnahme mit den Entführern geplant oder sei auf einer Aufklärungsmission gewesen.
Rettungsboot nähert sich Küste
Die Geiselnehmer des amerikanischen Kapitäns hatten die beiden zur Hilfe geeilte US-Kriegsschiffe - neben der «USS Bainbridge» die Fregatte «USS Halyburton» - gewarnt, ein gewaltsamer Befreiungsversuch werde katastrophale Folgen haben. Ein drittes Kriegsschiff, die «USS Boxer» mit medizinischer Einrichtung an Bord, wurde ebenfalls in der Region südlich des Horns von Afrika erwartet
Offenbar versuchen die vier Piraten, an Land zu gelangen. Das Rettungsboot habe sich bis auf weniger als 50 Kilometer der somalischen Küste genähert, hieß es. Das Boot befinde sich unweit der Stadt Gara'ad, einer berüchtigten Piratenhochburg im Nordosten des ostafrikanischen Landes. Die US-Marine wolle es indes nicht zulassen, dass die Seeräuber Land erreichen, meldete CNN ferner. Unklar war zunächst, wie die Seeräuber den notwendigen Treibstoff erhalten hatten, da sich der Überfall auf das Schiff von Kapitän Phillips rund 500 Kilometer von der Küste entfernt ereignet hatte.
FBI untersucht «Maersk Alabama»
Die «Maersk Alabama» soll unterdessen von Spezialisten der US-Bundespolizei FBI überprüft werden. Das Schiff sei in ein Verbrechen hineingezogen worden, so dass eine Spurensicherung notwendig sei, teilte die Reederei Maersk Shipping Line am Samstag im US-Staat Virginia mit. Demnach darf die 19-köpfige Besatzung zunächst auch nicht von Bord gehen. Somalische Piraten kaperten unterdessen am Samstag im Golf von Aden den unter italienischer Fahne fahrenden Schlepper «Buccaneer» (Freibeuter). Das 75 Meter lange Boot gehört nach italienischen Medienberichten dem Unternehmen Micoperi Marine Contractors in Ravenna. An Bord sollen 16 Mann Besatzung sein - zehn Italiener, fünf Rumänen und ein Kroate. Das Außenministerium in Rom sagte, es werde in dem Fall international abgestimmt vorgegangen. Der Schlepper war auf dem Weg von Singapur nach Suez. Die italienische Fregatte «Maestrale» soll auf dem Weg in die Krisenregion sein. (dpa/AP/nz)