Geheim-Liste: Fehlberatung bei AWD
Kunden des Finanzdienstleisters sollen in 30000 Fällen falsch beraten worden sein
Hamburg - Die Vorwürfe gegen den Finanzdienstleister AWD weiten sich aus: Eine vom NDR präsentierte Liste belegt, dass die Verluste von Anlegern des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD (Allgemeiner Wirtschaftsdienst) sehr viel größer sind als angenommen. Demnach sind mehrere zehntausend Kunden von AWD falsch beraten worden. Der jahrelange Vorstandsvorsitzende Carsten Maschmeyer hatte bisher nur von Einzelfällen gesprochen.
Auf der bislang geheimen Liste befinden sich nach Informationen des NDR Namen und Beteiligungsnummern von rund 30000 Anlegern, die in verlustreiche „geschlossene Fonds“ investiert hatten. Diese Fonds werden als hochriskante Finanzbeteiligungen eingestuft. AWD vermittelte den Anlegern in den Neunzigerjahren die so genannten Dreiländerfonds. Sie brachten dem AWD extrem hohe Provisionen ein.
Die Liste belegt auch erstmals, dass mindestens jeder fünfte Anleger die riskanten Fonds durch Kredite finanziert hat, die vom AWD bereitgestellt wurden. Weil sich die Fonds schlecht entwickelten, haben die Geschädigten nicht nur viel Geld verloren – zum Teil mehrere zehntausend Euro – sondern blieben auch auf einem hohen Schuldenberg sitzen.
Ariane Lauenburg, Redakteure der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest, sieht darin eine „systematische Falschberatung“ der Kunden. Gegenüber dem NDR sagte sie: „Ich glaube, dass das Handeln des AWD auf Gewinn ausgerichtet war und nicht auf die Zufriedenheit der Kunden und dass dadurch so viele Anleger geschädigt wurden.“ Dem NDR liegt nach eigenen Angaben auch ein internes Protokoll von einer Sitzung führender AWD-Manager aus dem Jahr 2002 vor. Daraus gehe hervor, dass schon damals bekannt gewesen sei, welche gravierenden Probleme es mit den Dreiländerfonds gebe.
„Das Risiko wurde den Anlegern von AWD mündlich wie schriftlich erläutert ", hieß es gestern in einer Stellungnahme von AWD zu den Vorwürfen. AWD kritisierte darin, dass „in der aktuellen Berichterstattung der falsche Eindruck erweckt wird, es handele sich bei der Vermittlung der Fonds durchweg um Fehlberatungen“. Dabei seien die Finanzprodukte einer eingehenden Produktprüfung unterzogen worden und die Prognose für die Dreiländerfonds sei zu jener Zeit positiv gewesen, so AWD.