Gaddafi: Schönheits-OP im Herrscherbunker

Der Diktator unterm Messer: Brasilianischer Chirurg berichtet über Verjüngungskur für Gaddafi – Fettabsaugung und Haarimplantate.
von  Stan Lehman

Der Diktator unterm Messer: Brasilianischer Chirurg berichtet über Verjüngungskur für Gaddafi – Fettabsaugung und Haarimplantate.

Sao Paulo - Es war seiner Erinnerung nach schon weit nach Mitternacht, als der brasilianische Chirurg tief hinab in einen Bunker in Tripolis geführt wurde. Sein Auftrag: Bauchfett absaugen und damit Gesichtsfalten unterspritzen, um Muammar al- Gaddafi um Jahre jünger wirken zu lassen. Haarimplantate bekam der libysche Staatschef ebenfalls.

"Er sagte, er sei jetzt seit 25 Jahren an der Macht und wolle nicht, dass die Jugend des Landes ihn als alten Mann betrachte", erzählte der Schönheitschirurg Liacyr Ribeiro der Nachrichtenagentur AP. "Ich empfahl ein Lifting, aber das lehnte er ab." Gaddafi bestand demnach darauf, den geheimen Eingriff 1995 unter örtlicher Betäubung durchzuführen, weil er wach bleiben wollte. Mittendrin unterbrach er die vierstündige Prozedur, um einen Hamburger zu essen.

Sein Patient habe befürchtet, dass eine operative Gesichtsstraffung zu auffällig wäre, und sich daher für das schonendere Verfahren entschieden, sagte Ribeiro. "Ich habe Gaddafi gewarnt, dass die Wirkung etwa fünf Jahre lang anhalten und nach diesem Verfallsdatum die Haut wieder erschlaffen und die Falten wieder erscheinen würden", erklärte er. "Er sagte, er würde mich anrufen, wenn er mich wieder braucht.

"Als vor etwa fünf Jahren tatsächlich eine Anfrage kam, war der Schönheitschirurg jedoch aus familiären Gründen verhindert. "Danach haben sie sich nicht mehr gemeldet."

Zur Zeit des Eingriffs war Gaddafi 53, wirkte Ribeiro zufolge aber mindestens zehn Jahre älter. Ein Foto von damals mit dem Doktor zeigt Gaddafi, im weißen Anzug und gemustertem Hemd, mit ausgeprägten Runzeln im Gesicht und am Hals. Danach "sah er wie ein Mann von 45 aus", sagte der Arzt. Ribeiro beteuerte, er spreche jetzt nur darüber, um etwas Einblick in das Leben des Mannes zu geben, über den so wenig bekannt ist – und ganz gewiss nicht, um anzugeben.

"Gaddafi sieht heutzutage nicht besonders gut aus", konstatierte er. Der 63-Jährige habe bei seinen jüngsten Auftritten Hängebacken gehabt, seine Haut sei aufgedunsen, schlaff und faltig. "Potenzielle Patienten wissen zu lassen, dass ich ihn behandelt habe, wäre kontraproduktiv."

Gaddafi ist bei weitem nicht der einzige prominente Politiker, der sich unters Messer begeben hat. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi verdankt sein Aussehen ebenfalls plastischer Chirurgie und Haarimplantaten – auch dies soll Medienberichten zufolge Ribeiros Werk sein, obwohl der das nicht bestätigen möchte.

Gerüchte rankten sich auch um Wladimir Putin, als er vergangenen Oktober mit dicker Schminke zur Tarnung von Blutergüssen unter den Augen gesehen wurde.

Der 70-jährige Ribeiro genießt einen internationalen Ruf als Schönheitschirurg, hat zwei Bücher über sein Fachgebiet geschrieben und an Kongressen in aller Welt teilgenommen. Auf einer solchen Veranstaltung im Mai 1994 in Tripolis hielt er einen Vortrag über sein Spezialgebiet Brustvergrößerung. Danach sei ein libyscher Regierungsvertreter namens Mohammed Said "auf mich zugekommen und hat gesagt, er wolle mich mit jemandem bekannt machen, den die Libyer sehr liebten", sagte Ribeiro.

"Wegen meines Spezialgebiets dachte ich, er wolle mich seiner Frau vorstellen." Stattdessen fuhr er ihn zu einem von Bewaffneten bewachten Haus. "Said und ich wurden zu einem Zelt gebracht, das in dem Haus aufgestellt war, und dort sagte er mir, dass ich Gaddafi untersuchen solle." Kurz darauf erschien der libysche Staatschef, in ein weißes Gewand gehüllt. "Er gab mit die Hand und begrüßte mich, in perfektem Englisch", erzählte Ribeiro. "Er war ein außerordentlich höflicher, intelligenter, herzlicher und ruhiger Mensch, der mir gleich sagte, was er wollte und weshalb."

Gaddafi wollte sofort zur Tat schreiten, doch Ribeiro brauchte noch ein OP-Team, so dass der Eingriff für Januar 1995 angesetzt wurde. In Gaddafis Bunker, "mit zwei voll ausgestatteten, sehr modernen Operationssälen, einem Fitnessraum und einem Schwimmbecken, ging es dann gegen zwei Uhr nachts los, wie der Chirurg sich erinnerte. "Er bestand auf Lokalanästhesie, weil er bei sich bleiben wollte", sagte er.

"Er war ein sehr gelassener Patient." Der plastische Chirurg Fabio Naccache bestätigte der AP, dass er zum Team gehörte und eine Haarimplantation durchführte. Mittendrin verspürte Gaddafi Hunger: "Es wurden Hamburger für alle hereingebracht, und wir unterbrachen den Eingriff für ein paar Minuten und aßen", sagte der Chirurg. Danach bekam Ribeiro von Said einen Umschlag "voll mit US-Dollar und Schweizer Franken" überreicht. Wie viel Geld darinnen war, gab er nicht preis: "Ich kann nur sagen, dass es mehr war, als ich in Brasilien für meine Arbeit berechnen würde."

 

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