Furcht vor Pädophilen und Kinderhändlern in Haiti

Nach dem katastrophalen Erdbeben in Haiti müssen zigtausende Kinder, die ihre Familie verloren haben, nun auch noch skrupellose Menschenhändler fürchten. Auch nach dem Tsunami 2004 versuchten Banden, Kinder außer Landes zu schaffen, warnen Hilfswerke.
von  Abendzeitung
Nach der Katastrophe drohen Sex- und Menschenhandel
Nach der Katastrophe drohen Sex- und Menschenhandel © dpa

BERLIN - Nach dem katastrophalen Erdbeben in Haiti müssen zigtausende Kinder, die ihre Familie verloren haben, nun auch noch skrupellose Menschenhändler fürchten. Auch nach dem Tsunami 2004 versuchten Banden, Kinder außer Landes zu schaffen, warnen Hilfswerke.

Durch das verheerende Erdbeben in Haiti haben Zigtausende Kinder ihre Familien und ihr Zuhause verloren. Sie schlafen auf der Straße, irren orientierungslos und traumatisiert durch die Trümmer der zerstörten Hauptstadt Port-au-Prince. Sie müssen nicht nur Hunger, Durst und Krankheit fürchten, sondern auch Kinderhändler und Pädophile. "Wir machen uns nicht nur große Sorgen um Gesundheit, Unterernährung und die seelische Verfassung der Kinder, wir befürchten auch, dass die Kinder von skrupellosen Menschenhändlern aufgegriffen und ausgebeutet werden", warnt Unicef-Sprecher Kent Page in Port-au-Prince. Neben illegalen Auslandsadoptionen drohen Waisenkinder auch als Sex- oder Haussklaven ausgebeutet zu werden.

Ähnliche Befürchtungen äußern auch andere Hilfswerke: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass in Katastrophenfällen wie dem Tsunami 2004 Banden versuchen, Kinder außer Landes zu schaffen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch in Haiti Kinderhändler die Notlage ausnutzen", sagt Michael Heuer vom Kinderhilfswerk Terre des hommes vor wenigen Tagen.

In dem bitterarmen Karibikstaat lebten nach Schätzungen von Hilfsorganisationen schon vor dem Erdbeben rund 380.000 Kinder ohne Eltern. Jetzt dürfte ihre Zahl drastisch gestiegen sein. Kinderhilfswerke konzentrieren ihre Arbeit deshalb insbesondere auf Waisenkinder und diejenigen, die von ihren Familien getrennt wurden. Seit Dienstag seien Helfer in den Straßen der Hauptstadt unterwegs. Sie sammelten Informationen für eine Datenbank, in der jedes Kind mit einer Nummer registriert werden soll. So könnten Nachforschungen erheblich erleichtert werden, sagt Victor Nyland von Unicef, wie die "New York Times" berichtet. Eine solche Registrierung erleichterte auch in der indonesischen Provinz Banda Aceh nach dem Tsunami die Zusammenführung von Familien.

Rettung nach 15 Tagen

Unterdessen wurde 15 Tage nach der Erdbebenkatastrophe eine junge Haitianerin aus den Trümmern gerettet. Das 16 Jahre alte Mädchen wurde am Mittwoch von einem französischen Rettungsteam aus den Resten eines zusammengestürzten Wohnhauses gerettet, berichtete der amerikanische Nachrichtensender CNN. Die junge Frau, die stark ausgetrocknet war, habe etwas von einer Flasche Limonade gestammelt, die sie am Tag des Jahrhundertbebens eventuell dabei gehabt habe, berichteten Helfer. Auch könnte sie in den Trümmern eines zerstörten Badezimmers Zugang zu Wasser gehabt haben.

Es sei ein "Wunder", dass sie so viele Tage überlebt habe, meinten die Helfer. Das Mädchen wurde auf ein französisches Lazarettschiff vor der Küste Haitis gebracht. Erst vor kurzem war ein 31-Jähriger gerettet worden, der zwölf Tage eingeschlossen war. Seit dem Beben wurden mehr als 130 Menschen lebend aus den Trümmern gezogen. (nz)

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.