Für die Biografie nie zu jung
München - Andere Burschen in diesem Alter machen gerade ihren Führerschein, ziehen zu Hause aus oder haben die erste feste Freundin. Doch es gibt auch junge Männer, die schreiben ihre Lebensgeschichte. Franz Beckenbauer hat das gemacht, natürlich Daniel Küblböck (wer kennt ihn noch?) und auch Teenie-Star Justin Bieber. Bei dem Mädchen-zum-Kreischen-bringen-Kanadier ist sein gestern auf Deutsch erschienenes „Just getting. Alles ist möglich“ sogar schon seine zweite zu Papier gebrachte Nabelschau. Die erste veröffentlichte er 2010 – in einem Alter, in dem er nur bis Mitternacht in die Disco gehen durfte.
Gerade erst 21 Jahre alt war der spätere „Kaiser“ Franz Beckenbauer, als 1966 seine Biografie „Dirigent im Mittelfeld“ erschien, in dem er seinen kurzen und doch schon erfolgreichen Weg als Fußballstar beschreibt. Da die Zeit noch nicht so bieberhaft war wie heute, dauerte es bis zu Franzls zweiter Selbstbeweihräucherung immerhin neun Jahre. Dafür trug sie dann schon den deutlich majestätischeren Titel „Einer wie ich“.
Dafür dass er eine ziemlich erfolglose Sängerkarriere– im Gegensatz zum Beispiel zu Justin Bieber – hingelegt hatte und Daniel Küblböck sogar beim Träller-Casting „Deutschland sucht den Superstar“ nur den dritten Platz belegt hatte, war seine im zarten Alter von 18 Jahren verfasste Autobiografie „Ich lebe meine Töne“ schon ganz schön gewagt.
Der Mann, „der Buchhandlungen nur vom Hörensagen kennt“, wie ein AZ-Kollege damals schrieb, nämlich Stefan Effenberg, musste dagegen erst 34 Jahre alt werden, bis er 2003 seine Autobiografie schrieb, oder besser: schreiben ließ. Die nennt sich „Ich hab’s allen gezeigt“ – ein Titel, der sich ausdrücklich nicht auf seine rustikale, auf die Knochen der Gegner wenig Rücksicht nehmende Spielweise bezog. Literarische Vorbilder waren für den „Tiger“, wie er selbst bekannte, „Struwelpeter“, „Tim und Struppi“ sowie „Micky Maus“.
Warum gerade Fußballer einen Hang zur literarischen Selbstentblößung haben, ist noch nicht erforscht, aber empirisch messbar. Denn auch das britische Raubein Wayne Rooney hackte mächtig auf die Tastatur ein: 2006 – da war er gerade 21 Jahre alt – schrieb er „My story so far“ (Meine Geschichte bis jetzt“). Und nur ein Jahr später folgte sein zweiter Knaller: die Fortsetzungs-Biografie „My Story“.
Und auch andere Sportler betrieben öffentliche Nabelschau – wobei oft die um einen Bezug zur Sportart bemühten Titel bemerkenswert sind:
- „Meine Welt ist eine Scheibe“ von Diskuswerfer Lars Riedel,
- „Quäl dich, du Sau“, Udo Bölts, Ex-Radrennfahrer.
- „Unter Brüdern“ von den Boxern Vitali und Wladimir Klitschko
- „Augenblick, verweile doch“ von Boris Becker.
Und auch Papst Benedikt ist eine kuriose Biografie gewidmet: „Joseph e Chico“ beschreibt das Leben des vormaligen Kardinals Joseph Ratzinger. Aus der Sicht seiner Hauskatze Chico.