Fünf Jahre nach dem Beben: L'Aquila ist eine Baustelle

Nach dem Beben vor fünf Jahren versprach Berlusconi den schnellen Aufbau von L’Aquila. Die Bewohner warten immer noch darauf.
L'Aquila - Am Sonntag ist es fünf Jahre her, dass die Bewohner von L’Aquila aus dem Schlaf gerissen wurden. Ein heftiges Erdbeben der Stärke 6,3 verwüstete die Region. 309 Menschen kamen ums Leben, 70000 wurden obdachlos. Tausende Häuser in der Abruzzen-Stadt wurden beschädigt oder komplett zerstört. Großmundig kündigte der damalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi Hilfen und einen schnellen Wiederaufbau an. Doch noch immer irren die Bürger von L’Aquila über eine Dauerbaustelle.
Nur ein knappes Drittel der beschädigten Häuser sind bislang wieder aufgebaut. Diese Daten rückte das zuständige Ministerium in Rom jetzt heraus. An vielen Ecken erinnert das Zentrum von L’Aquila einer Geisterstadt. Meterhohe Baugerüste verbergen die Fassaden, Häuser sind unbewohnbar. „In der Einkaufstraße ist nachmittags niemand unterwegs, alles ist geschlossen. Es ist traurig“, sagt die Studentin Valentina Vella.
Der damalige Premier Silvio Berlusconi hatte erst die nach dem Beben in Zeltstädten untergebrachten Betroffenen verspottet. Sie sollten ihre Unterbringung als „Camping-Wochenende“ betrachten, in den Zeltstädten fehle es an nichts. Nach dem allgemeinen Entsetzen über diese Aussprüche preschte Berlusconi vor und besuchte die Region über 30 Mal. Seine Botschaft: Der Wiederaufbau sei kein Problem.
Noch heute unterschätzt Italiens Politik die Situation in L’Aquila. Kulturminister Dario Franceschini versprach vor einem Monat, dass der Wiederaufbau in fünf Jahren abgeschlossen sei. Dafür hat Gianlorenzo Conti, Chef der lokalen Architektenvereinigung, nur ein Kopfschütteln übrig: „Ich denke, dass es noch 30 bis 40 Jahre dauern wird.“
Das Hauptproblem: Es fehlt an finanziellen Mitteln. Millionen für den Aufbau versickerten in Mafia-Kanälen. Sowohl die Camorra als auch die ’Ndrangheta mischten bei den Bauunternehmen mit. Auch Lobbyisten wurden in den Verwaltungen aktiv und gingen korrupte Beamte an. Bislang seien etwa zwölf Milliarden in den Wiederaufbau geflossen, heißt es. Was wo ankam, bleibt oft ein Rätsel.
Deshalb bleibt den Bürgern nichts anderes übrig, als in den nach den Beben hochgezogenen Satellitenstädten vor den Toren L’Aquila auszuharren. Wann sie in ihre einst so malerische Stadt zurück können, ist ungewiss.