Franziskus begeistert bei erstem Angelus-Gebet die Massen
Rom - Die Sympathie für den neuen Papst „vom anderen Ende der Welt“, wie er sich selbst am Wahlabend bezeichnete, ist umwerfend. Sie liegt in der Luft, sie ist spürbar in den Medien wie auf dem überfüllten Petersplatz. Vier Tage nach seiner Wahl zum Pontifex tritt Jorge Mario Bergoglio am Sonntag wieder vor die Gläubigen, um, wie für das Oberhaupt der katholischen Weltkirche üblich, das Angelus-Gebet zu sprechen.
Schon Stunden vor seinem Erscheinen war der von Großbildschirmen gesäumte Platz vor dem gewaltigen Petersdom brechend voll und bunt von Fahnen und Spruchbändern. Schon Stunden vorher feierten Zehntausende Gläubige und Pilger, Neugierige und Touristen den Argentinier. Rufe wie „Franziskus, Du bist der Frühling“, „Viva il Papa – Es lebe der Papst“ erschallten.
Die Stimmung schien kaum zu überbieten. Dann tritt Papst Franziskus um Punkt 12.00 Uhr an das Fenster seines Arbeitszimmers und erweist sich erneut als wahrer Menschenfischer.
„Brüder und Schwestern, guten Morgen!“, begrüßt er die jubelnde Menge. „Papa Bergoglio“ geht es an diesem Sonntag um die Barmherzigkeit Gottes – erst morgens bei einem Gottesdienst in der Vatikankirche Sant'Anna, dann in der Ansprache vor dem traditionellen Angelus.
„Gott wird niemals müde, uns zu vergeben, das Problem ist höchstens, dass wir müde werden, um Vergebung zu bitten“, wendet sich der 76-Jährige nicht ohne Augenzwinkern an die Zuhörer und erinnert an die vergebende Liebe Jesus Christus gegenüber der Ehebrecherin. „Ein bisschen Barmherzigkeit verändert die Welt“, redet Franziskus den Gläubigen ins Gewissen und ruft sie auf, „mit allen ein bisschen barmherzig zu sein“.
„Überwältigend, hier zu sein“
Auch diesmal nimmt er die Gläubigen mit einer seiner menschlich scherzhaften Bemerkungen und ungekünstelter Sprache für sich ein. Er erinnere sich an ein Buch über die Barmherzigkeit von dem deutschen Kardinal Walter Kasper, erzählt Franziskus. Das habe ihm sehr gefallen. „Aber Ihr müsst nicht denken, dass ich hier Werbung machen will für die Bücher meiner Kardinäle!“ Lachen in der Menge.
Mit seinem Abschiedsgruß an die „Gläubigen von Rom“, aus ganz Italien und aller Welt scheint auch die letzte Entfernung zwischen dem Kirchenoberhirten und seinen Schäfchen zu verfliegen: „Buona domenica e buon pranzo – Einen schönen Sonntag und ein gutes Mittagessen!“
Auch wenn wohl viele der auswärtigen Pilger auf dem Petersplatz nur wenig von seiner auf Italienisch gehaltenen Ansprache und den ebenfalls italienischen Grußworten verstanden haben, bleibt die Stimmung überwältigend. „Ich habe nichts verstanden, aber alles gefühlt!“, erklärt eine junge Engländerin aus London strahlend. „Er ist ein wunderbarer, ein besonderer Mensch. Sie haben den richtigen Papst gewählt.“
„Es ist einfach überwältigend, hier zu sein“, sagt eine deutsche Besucherin. Die Frau aus Püttlingen ist mit einer Gruppe von Freunden extra zur Papstwahl nach Rom gekommen. „Wir wollten einfach dabei sein“, erzählt sie. Von diesem Sonntag ist sie „ergriffen“.
Sicherheitsstress für Rom
Der Stadt Rom verschafft der neue Pontifex anstrengende und verantwortungsvolle Tage: Mit 100.000 Pilgern hatte die Stadtverwaltung zum Angelus-Gebet gerechnet, eine Million sollen es werden bei der feierlichen Amtseinführung von Papst Franziskus am Dienstag.
Zu der „Krönungsmesse“ werden laut Radio Vatikan auch Regierungsdelegationen aus 179 Ländern erwartet.
Mehr als 1.700 Einsatzkräfte von Polizei und Zivilschutz sowie Dutzende Erste-Hilfe-Trupps waren schon beim Angelus im Einsatz, sagte Roms Bürgermeister Gianni Alemanno, der am Sonntag zusätzlich für die Sicherheit des Rom-Marathons sorgen musste. Auch Scharfschützen sollten auf den umliegenden Häusern postiert werden.
Der 76-jährige argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio war am vergangenen Mittwoch in nur fünf Wahlgängen zum Pontifex gewählt worden. Er ist der erste nichteuropäische Pontifex seit fast 1.300 Jahren, der erste Lateinamerikaner und der erste Jesuit in diesem Amt.