Fluterschen: Das Schweigen der Opfer
Fluterschen - Im Inzestfall vom Westerwald werden immer neue schreckliche Details bekannt. So soll der mutmaßliche Kinderschänder Detlef S. aus Fluterschen seine Tochter und seine Stieftochter zur Prostitution bei zwei 60 und 63 Jahre alten Männern gezwungen haben.
Außerdem gibt es Vorwürfe an das Jugendamt, nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben. Der 48-jährige Detlef S., der bereits im August 2010 festgenommen wurde, steht am Dienstag in Koblenz vor Gericht. Er soll seine beiden Töchter über fast zehn Jahre hinweg regelmäßig missbraucht, mit der Stieftochter acht Kinder gezeugt haben. Vor Gericht stehen wird ab 18. März auch der 63-Jährige wegen fünf Fällen von Kindsmissbrauch. Er soll im Sommer 2009 in seiner Wohnung in benachbarten Altenkirchen mehrmals mit der damals 17-jährigen Tochter von Detlef S. Geschlechtsverkehr gehabt haben. Sie wurde laut der Anklage von seinem Vater zu dem 63-Jährigen gebracht.
Der Vater soll während den Taten zugesehen haben, berichtet die „Rhein-Zeitung”. Für jeden „Besuch” soll der Mann „Freier” 30 bis 40 Euro gezahlt haben. Der 63-Jährige behauptet, nicht gewusst zu haben, dass das Mädchen noch nicht volljährig war. Und er sei immer davon ausgegangen, dass das Mädchen bei dem Geschäft „Sex gegen Geld” mitgemacht hat. Auch der 60-Jährige Mann ist wegen des Missbrauchs in 50 Fällen angeklagt und wird vor dem Landgericht Koblenz erscheinen müssen – ein Termin für den Prozess steht allerdings noch nicht fest.
Der Mann aus dem Ort Straßenhaus soll von 1995 bis 1997 mehrfach Sex mit der Stieftochter von Detlef. S. gehabt haben, außerdem in den Jahren 2006 bis 2008 mit dessen Tochter. Die war bei den ersten Taten erst 13 Jahre alt. Ob die Ehefrau des 48-jährigen Angeklagten, die leibliche Mutter der beiden missbrauchten Frauen, von den Sexualverbrechen wusste oder es gar geduldet hat, dass ihr Ehemann mit der Stieftochter acht Kinder zeugte, ist nicht bekannt. Die Familie war allerdings schon länger auffällig.
So habe sich vor zehn Jahren ein Sohn ans Jugendamt gewendet, weil ihn sein Vater mit einem Lederriemen verprügelt hatte, berichten Nachbarn. Außerdem habe ein anderer Sohn in der Vergangenheit für einige Wochen Zuflucht in der Nachbarschaft gesucht. Auch von Saufgelagen, die bei der Familie an der Tagesordnung waren, erzählt man in Fluterschen. „An den Wochenenden wurde durchgesoffen”, die Kinder hätten später sogar die Flaschen sortiert.
Wenn Nachbarn sich über Ruhestörung und Lärm beschwert hätten, habe es verbale, ausfallende Attacken gehagelt – mit der Androhung von schlimmerer Gewalt. Dann habe der 48-Jährige auch einmal einen Baseballschläger gezeigt. Viele Dorfbewohner fragen sich auch, warum das Jugendamt angesichts dieser Vorfälle nicht früher eingegriffen hat. Doch die Behörde in der Kreisstadt Altenkirchen weist diese Vorwürfe zurück. Es habe keine Hinweise auf die Taten des 48-Jährigen gegeben.
In dem Westerwald-Dorf wird auch gerätselt, warum sich die beiden Opfer über die Jahre hinweg nicht gegen den Täter verbündet haben. Dies sei nicht ungewöhnlich, sagt Veit Schietmann vom Opferhilfe-Verein „Weißer Ring”: „Um so intime Details zu teilen, muss ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis bestehen.” Und es gelte: „Wenn die Tat geschieht, dann ist jeder für sich allein. Die heute 28-jährige Stieftochter hat jetzt allerdings ihr Schweigen gebrochen: „Ich hoffe auf ein Geständnis, das kann uns den Weg ein wenig erleichtern” und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass er die richtige Strafe bekommt und nie wieder einen Menschen verletzen kann.”
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