Flut-Katastrophe: Zahl der Toten in Rheinland-Pfalz steigt auf 50

Mainz/Düsseldorf - Nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten auf 50 gestiegen. "Die Befürchtung ist, dass es noch mehr werden", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Koblenz am Freitagmorgen. Damit sind bislang mindestens 80 Menschen durch das Hochwasser ums Leben gekommen.
Milliardenhilfen von Bund und Ländern nach Flutkatastrophe
Rheinland-Pfalz hat bereits als kurzfristige Unterstützung 50 Millionen Euro bereitgestellt, um etwa Schäden an Straßen, Brücken und anderen Bauwerken zu beheben. In den Hochwassergebieten gehen an diesem Freitag die Aufräum- und Bergungsarbeiten weiter.
Mindestens 58 Menschen kamen ums Leben, nachdem stundenlanger Starkregen aus kleinen Flüssen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz reißende Wassermassen gemacht hatte. Das NRW-Innenministerium sprach am späten Donnerstagabend von 30 Toten. In Rheinland-Pfalz waren es bislang 28 Todesopfer.
1.300 Vermisste im Kreis Bad Neuenahr-Ahrweiler
Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) befürchtete am Abend im SWR-Fernsehen, dass die Zahl angesichts der Zahl von rund 40 bis 60 weiter vermissten Menschen steigen könnte. Im Kreis Bad Neuenahr-Ahrweiler werden rund 1.300 Menschen vermisst, wie die Kreisverwaltung am Abend mitteilte. Eine Sprecherin verwies darauf, dass viele Menschen wegen des lahmgelegten Mobilfunknetzes nicht erreichbar seien. "Wir hoffen, dass sich das klärt", sagte sie zu der hohen Zahl.
Bundeskanzlerin Merkel sicherte den Betroffenen in den Hochwassergebieten Hilfen zu. "Wir werden sie in dieser schwierigen, schrecklichen Stunde nicht alleine lassen und werden auch helfen, wenn es um den Wiederaufbau geht", sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington. Sie habe mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bereits über Hilfen gesprochen. Merkel sprach von einer "Tragödie". Biden hatte Merkel sein Beileid angesichts der vielen Toten der Katastrophe ausgesprochen.
Laschet will "nationale Kraftanstregung"
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "maybrit illner", es müssten Wege gefunden werden, sehr schnell wieder Straßen, Brücken und andere Infrastruktur in Gang zu setzen. Das Land werde helfen, nötig sei aber auch "eine große nationale Kraftanstrengung, damit schnell die schlimmsten Dinge beseitigt werden".
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will sich am Freitagmorgen (8.30 Uhr) in Trier über die Situation in ihrer Heimatstadt informieren. Wegen des starken Hochwassers im Mosel-Nebenfluss Kyll waren in Trier und Umgebung am Donnerstag Tausende Menschen in Sicherheit gebracht worden, auch ein Krankenhaus musste evakuiert werden. An allen Behörden in Rheinland-Pfalz werden die Fahnen am Freitag auf halbmast gesetzt.
Rurtalsperre läuft über
In Nordrhein-Westfalen lief kurz vor Mitternacht die Rurtalsperre über, "mit einer geringen Dynamik", wie der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) mitteilte. Dadurch sei im Unterlauf der Rur mit Überschwemmungen sowie Überflutungen von Häusern und Kellern zu rechnen. Der Wasserverband warnte, Menschen sollten sich nicht in Flussnähe aufhalten, da die Gefahr bestehe, mitgerissen zu werden. Auch sollten vollgelaufene Keller nicht betreten werden, weil die Gefahr von Stromschlägen bestehe. An besonders von Hochwasser betroffenen Stellen sei auch mit Evakuierungen zu rechnen.
Die Rettungskräfte setzen unterdessen die Suche nach Vermissten fort. Die Bundeswehr hat zur Unterstützung inzwischen etwa 900 Soldaten in die Katastrophengebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geschickt. Im heftig betroffenen Kreis Euskirchen in NRW soll ein Gutachter am Freitag erneut die Steinbachtalsperre unter die Lupe nehmen.
Auch Steinbachtalsperre droht zu brechen
Der Wasserstand war am Donnerstagabend durch Abpumpen zwar gesunken. Die Brauchwasser-Talsperre, deren Damm tiefe Furchen aufweist, war von einem Sachverständigen am Vortag als "sehr instabil" eingestuft worden. Deswegen wurden aus Sicherheitsgründen mehrere Ortschaften evakuiert. Betroffen waren rund 4.500 Einwohner.
Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) unterstützt die betroffenen Regionen in Deutschland unter anderem mit Satellitenbildern. "Erste Satellitenbilder aus den vom Unwetter betroffenen Gebieten werden seit heute Morgen aufgenommen. Diese Bilder werden, sobald verfügbar, den Beteiligten im Krisenmanagement zur Verfügung gestellt", sagte Vizepräsident Thomas Herzog dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Das BBK kümmere sich zudem auch um die Koordinierung von Hilfen, beispielsweise von Helikoptern zur Rettung von Menschen oder Zapfstellen zur Abgabe von Trinkwasser.
Im Bahnverkehr der Hochwasserregion kommt es weiter zu erheblichen Einschränkungen. Die Polizei in Koblenz rief am Morgen dazu auf, das Ahrtal weiträumig zu umfahren. Viele Zufahrtsstraßen seien derzeit nicht passierbar.