Fitness für Faule: Mit Reizstrom zum Waschbrett
Trainieren und Faulenzen zugleich? Das soll mit dem "Abgymnic" funktionieren. Das Gerät bringt mit elektrischen Impulsen alle Muskelgruppen zum Zucken. AZ-Reporter Timo Lokoschat hat es getestet
Akpasaj fas, flösidasö? Löksa dos fujoweh dnarg dnarg – fogofü psadjo pfsdfkfop komi adös daff.
Oh, Verzeihung. Ich vergaß, mein neues Fitnessgerät abzuschalten. Läuft das, habe ich meine oberen Extremitäten nämlich nicht mehr im Griff, sie zucken unkontrolliert. Einmal kam es sogar vor, dass ich mich selber geschlagen habe.
„Abgymnic“ heißt das Teil, das ich seit einer Woche für die AZ-Serie teste. „Electronic Gymnastic Device“, steht auf der Verpackung. Abgebildet ist eine Art Bauch, der entweder einem sehr kranken oder einem sehr fitten Mann gehört – ein rotbraunes Extrem-Waschbrett.
15 Euro bei Amazon habe ich ausgegeben für etwas, das wie die Mini-Version eines Boxweltmeistergürtels aussieht. Den soll man sich aber nicht nur an den Bauch heften, sondern auch an Arme, Beine, Rücken, Waden und sogar ans Hinterteil. Dann einschalten und zurücklehnen. Den Rest erledigen angeblich Elektro-Impulse, die die Muskeln zum Zusammenziehen bringen.
Ein Ur-Traum aller Männer scheint wahrzuwerden: Pünktlich zum Anpfiff des Fußball-Länderspiels setze ich mich mit 1,5-Liter-Cola-Flasche und Chipstüte vor den Fernseher. Wenn Jogis Jungs sich anstrengen, will ich nicht untätig bleiben – die Problemzone Bauch kommt zuerst an die Reihe. Ich schnalle mir das Gerät um, drücke lässig ein paar Mal auf die Pfeiltaste – und springe schreiend hoch!
So muss sich ein Betrunkener fühlen, wenn er gegen einen Elektrozaun läuft. Vielleicht hätte ich doch vorher die englische Bedienungsanleitung lesen sollen. „Put gel on the belt“, heißt es da. „Tragen Sie Gel auf den Gürtel auf.“ Die Tube liegt in der Packung.
Mit Gel geht’s besser. Ich spüre, wie die Bauchmuskeln arbeiten, es kribbelt angenehm. Man kann zwischen sechs Programmen wählen, die auf Namen hören, die zusätzlich das Zwerchfell stimulieren: „Karate Chop“ gibt fünf Stöße pro Sekunde ab, der „Fat Blaster“ einen, „Crunch Craze“ wechselt ständig.
In der zweiten Halbzeit probiere ich es am Oberarm und drehe voll auf, bis mein Unterarm zombiehafte Zuckungen vollführt. Vorsichtshalber speichere ich schonmal „112“ ins Handy ein – die Stromstärke der Mini-Batterie ist allerdings so schwach, das laut Sportmedizinern keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Nur Epileptikern und Herzkranken wird abgeraten.
Einer, der sich wissenschaftlich mit Geräten wie dem „Abgymnic“ beschäftigt hat, ist Dr. Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Als ich ironisch sage, dass das Training unter Strom sicher wahnsinnig viel bringe, antwortet er überraschend: „Das ist relativ ernstzunehmen! Die elektrischen Impulse bewirken in der Tat eine Kontraktion der Muskulatur.“ An seinem Institut habe er ähnliche Produkte getestet, die heute auch im Leistungssport zum Einsatz kommen.
„Ein Problem bei den Billig-Geräten sind die Folgekosten“, warnt Kleinöder. Die Batterien hält zum Beispiel nur eine Woche und das Gel ist rasch aufgebraucht. Würde ich aber zwei Monate lang jeden Tag damit trainieren, könne man zwar „keine Wunder, aber auf jeden Fall Effekte beobachten“.
Hilfreich sei es, wenn ich dabei die jeweils typische Trainings-Bewegung mache – ohne Gewichte in der Hand. Und am besten auch ohne Chipstüte.
Timo Lokoschat
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