Fitness für Faule: Fettpolster unter Druck

Es klingt wunderbar einfach: Bei der Hypoxi-Therapie sollen durch ein Vakuum mehrere Konfektionsgrößen einfach „weggesaugt“ werden – ohne OP und anstrengendes Workout. Eine AZ-Reporterin hat den Selbsttest gemacht.
von  Abendzeitung
Dorina Herbst bei der Hypoxi-Therapie
Dorina Herbst bei der Hypoxi-Therapie © Daniel von Loeper

Es klingt wunderbar einfach: Bei der Hypoxi-Therapie sollen durch ein Vakuum mehrere Konfektionsgrößen einfach „weggesaugt“ werden – ohne OP und anstrengendes Workout. Eine AZ-Reporterin hat den Selbsttest gemacht.

Wer schön sein will, braucht angeblich einen PressureSuit. Damit ist nicht das Must-Have der Prêt-a-porter-Schauen gemeint, sondern ein Anzug, der den Stoffwechsel ankurbelt. In Kombination mit anderen „Hypoxi-Geräten“ soll er den Traum von straffen Konturen ganz schnell ganz nahe bringen – ohne Diät und Rumgehoppse im Fitnessstudio.

Die erste Tat fürs Traumgewicht: das Überstülpen eines fünf Kilogramm schweren Anzugs, der mir weder passt noch steht. „Der wird gleich ausschauen wie maßgeschneidert“, verspricht die Chefin. Erst jetzt bemerke ich die Ventile an Bauch und Beinen. Etheridge schließt mich mit allerhand Schläuchen an die Liege an. Szenen aus Sciencefictionfilmen, Tiefsee-Expeditionen und Intensivstationen schießen mir durch den Kopf. Wo bleiben Dempsey, Clooney und Co. um mich zu retten? „Seien Sie unbesorgt“, sagt sie, „ich werde nun Ihren Stoffwechsel anregen und die Entgiftung Ihres Körpers ankurbeln. Genießen Sie es.“

Die Luft im Anzug wird dünner. Sie verschwindet. Wird restlos raus gesaugt. Jetzt weiß ich, wie sich vakuumverpackte Wurst fühlt. Die Luft ist raus und die Problemzonen weg? Keine Ahnung. Ich fühle mich unendlich schwer, kann meine Beine nicht heben. „Ist das nicht ungesund?“, frage ich die Expertin. „Es kann nichts passieren.“ Die Kompression diene zur Unterstützung der Lymphe und Venen.

Und dann passiert doch etwas. An meinem Bauch, an den Hüften und an meinem Po beginnt etwas zu saugen. Es gluckert, schmatzt und pustet. „Rund 400 Saugnäpfe, bearbeiten jetzt ihr Bindegewebe. Das sind Aktivierungskammern, die abwechselnd an Ihrer Haut ziehen und drücken.“ Nach 20 Minuten ist mein Leben als Presswurst vorbei. Luft wird in den Anzug gelassen. Meine Haut ist gut durchblutet.

Nächster Schritt: Fettverbrennung. „Jetzt setzen wir Ihre Problemzonen unter Druck“, sagt Etheridge und führt mich zum S120, einer Kunststoffkammer mit Fahrrad. Ich bekomme einen Neoprenring unter die Brust gelegt. Der Oberkörper bleibt im Freien – hier soll schließlich nichts „weggesaugt“ werden. Mit dem Ring werde ich mit einer luftdichten Kammer verbunden, die mich bis zu den Füßen erneut den Unter- und Überdruck spüren lässt. Der Druck gleicht dem eines Trainings auf bis zu 1800 Meter über dem Meeresspiegel.

Während des 30-minütigen Trainings wird die Hauttemperatur mit einem Sensor am Oberschenkel gemessen. „Ziel ist ein Temperaturanstieg – nur dann gibt es eine positive Wirkung auf den Stoffwechsel in der Haut, im Bindegewebe und den darunter liegenden Fettschichten.“ Etheridge fordert mich zu ruhigem Strampeln bei einem Puls von maximal 120 auf. Die Hypoxi-Theorie besagt, dass nun der Unterdruck das Blut in die Fettschicht zieht. Dort nimmt es Fettsäuren aus dem Gewebe auf. Dann beschleunigt der Überdruck den Abfluss des mit Fett angereicherten Blutes aus der Problemzone in den Blutkreislauf.

Und weshalb reicht kein herkömmlichen Fahrrad? „Weil manche Körperstellen schlechter durchblutet werden als andere“, erklärt Etheridge. Solche Bereiche blieben beim Training kalt. „Mit Hypoxi können sie Pölsterchen verbrennen, wo sie es sich wünschen.“ Das soll im Sitzen, gekippt um 90 Grad oder auf dem Laufband funktionieren. Erste Erfolge: nach etwa einem Monat. Die Uni Salzburg bestätigt nach einem Test des S120 eine „hohe Reduktion der problemzonenspezifischen Körperfettmasse“

„Ich glaube nicht, dass eine nachhaltige Veränderung zu erwarten ist“, hält Johannes Scholl, Facharzt für Sportmedizin dagegen. Das einzige Wundermittel heiße „körperliche Aktivität“. „Ohne Training geht nichts.“ Hypoxi kurbele zwar den Stoffwechsel an, habe aber keinen Einfluss auf die Fettverbrennung. Die biochemische Reaktion, die nötig ist, um Fett loszuwerden, bliebe aus. Ich stelle nach meinem ersten Besuch keine Veränderung fest. „Wenn Sie drei Mal pro Woche kommen, wird sich Ihre Kleidergröße um eine Nummer verkleinern“, verspricht die Hypoxi-Expertin. Mir ist wichtig: Ich soll heute 60 Gramm Fett verloren haben – macht zwei Tafeln Schoki extra.

Dorina Herbst

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