Feuer in Behindertenwerkstatt: 14 Tote
Titsee-Neustadt - Zuerst sah alles nach einem Routineeinsatz auf. Gegen 14 Uhr am Montag schrillte bei der Feuerwehr in Titisee-Neustadt die Alarmanlage. Löschzüge rücken aus. Als die ersten Feuerwehrleute am Brandort, einer Behindertenwerkstatt der Caritas im Gewerbegebiet des beliebten Wintersportortes im Schwarzwald, eintreffen, schlägt den Männern aus dem Dachstuhl des dreigeschossigen Gebäudes dicker Qualm entgegen.
Aus geborstenen Fensterscheiben dringen Hilferufe und Schmerzensschreie. Panische Menschen verlassen das Gebäude. Spätestens jetzt ist den Einsatzkräften klar, dass sich hier eine schreckliche Katastrophe ereignet hat. Die bittere Bilanz am Abend lautet: 14 Todesopfer, acht Verletzte. Die Retter setzen Wasserschläuche und Drehleitern ein, mit schwerem Atemschutzgerät bergen sie Behinderte und Betreuer aus dem völlig verqualmten Gebäude geborgen. 120 Menschen waren zu diesem Zeitpunkt in der Werkstatt, sagt die Feuerwehr später. Viele von ihnen, vor allem die Behinderten, seien völlig in Panik gewesen. „Wir haben hier mit Menschen zu tun, die naturgemäß nicht rational reagieren“, sagt Kreisbrandmeister Alexander Widmaier. Andere sitzen im Rollstuhl und schaffen es nicht so schnell aus dem verqualmten Haus.
Bei einer Pressekonferenz gibt es dann eine erste Bilanz durch den Einsatzleiter der Polizei, Alfred Oschwald. Danach sind unter den 14 Opfern der Brandkatastrophe 13 Behinderte und eine Betreuerin. Die Todesursache sei vermutlich Rauchvergiftung. Am Abend waren noch nicht alle Toten identifiziert. Das Gebäude war zu diesem Zeitpunkt durchsucht worden und niemand wurde mehr vermisst. Acht Menschen seien bei dem Feuer schwer verletzt worden. Sie seien aber außer Lebensgefahr, sagte Oschwald. Die Feuerwehr richtet eine Sammelstelle ein. Während draußen noch Verletzte versorgt werden, werden drinnen erste Todesnachrichten überbracht. Schreie gellen durch den Raum. Psychologen kümmern sich um traumatisierte Angehörige. „Das, was wir hier gesehen haben, wird uns noch lange beschäftigen“, sagt Feuerwehrkommandant Gotthard Benitz. Auch einige der Rettungskräfte brauchen psychologische Betreuung. 300 Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten waren im Einsatz, ebenso Rettungshubschrauber.
Die Behindertenwerkstatt ist eine Zweigstelle der Freiburger Caritas-Werkstätten (siehe Info-Kasten). 120 Menschen mit „geistiger oder mehrfacher Behinderung“ arbeiten dort jeden Wochentag in einem dreistöckigen modernen Flachbau. Die Behinderten bearbeiten Holz oder Metall, es gibt einen Bereich für Elektromontage und einen für Konfektionierung. Das Feuer muss im Lagerraum ausgebrochen sein. Es griff schnell auf den Dachstuhl des mit einer modernen Brandmeldeanlage ausgestatteten Gebäudes über. Möglicherweise kam es in dem Raum, in dem auch Chemikalien gelagert wurden, zu einer Explosion.
Erschüttert zeigten sich die Verantwortlichen bei der Caritas. Der stellvertretende Vorstand des Caritasverbands Freiburg-Stadt, Rainer Gantert, sagt: „Wir sind völlig fassungslos, wie in einer modernen und gut ausgestatteten Werkstatt am helllichten Tag eine solche Katastrophe passieren kann.“ Er kämpft mit den Tränen. Zur Ursache konnte Gantert vorerst keine Angaben machen. Die Brandsicherheit entspreche nach jetzigem Stand „absolut jeglichen Anforderungen“, sagte er Kurz nach der Katastrophe ließ sich Baden-Württembergs grüner Minisietrpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach Titisee-Neustadt fliegen. Zuvor informierte er Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Brandkatastrophe. Vor Ort war er sichtlich erschüttert: „Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen. Ganz Baden-Württemberg trauert mit ihnen. Das ist ein schreckliches Unglück für uns alle
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