Facebook weiß 100 Tage eher, wen du liebst

Liebe in sozialen Netzwerken hinterlässt seine Spuren: Facebook weiß nämlich schon 100 Tage vorher, wer wohl ein Paar werden könnte.
München - Bei Flori und Anke war es so, und bei Bene und Sonja auch. Kennen gelernt haben sie sich flüchtig auf einer Party. Geredet wurde nicht viel – aber man fand sich interessant. In den nächsten Tagen dann fanden sich die beiden auf Facebook, fügten sich als neuen Freund hinzu und begannen, sich zu schreiben. Erst alle zwei bis drei Tage, dann immer öfter. Manchmal postete Anke auch bei Flori was Nettes auf die Timeline. Am Ende der Geschichte änderten beide ihren Beziehungsstatus von „Single“ zu „In einer Beziehung“.
Was bei Flori und Anke oder bei Bene und Sonja passiert ist, geschieht täglich auf Facebook. Dieses Phänomen haben Datenspezialisten in der Zentrale des sozialen Netzwerks im Kalifornischen Menlo-Park jetzt genauer untersucht. Herausgekommen ist: Facebook weiß schon 100 Tage bevor es die Zwei selbst wissen, dass sie bald verliebt sein werden.
Um das herauszufinden, haben Experten rund 18 Millionen Einträge weltweit von insgesamt rund 460 000 Paaren untersucht, die ihren Status von „Single“ zu „In einer Beziehung“ (in a relationship) geändert hatten.
Liebe in Zeiten von Facebook ist mittlerweile alltäglich – und demnach sehr berechenbar. Denn wie die Forscher herausgefunden haben beginnt die Beziehung oftmals mit freundlichen gegenseitigen Einträgen und persönlichen Nachrichten. Sehr detailliert wird das Profil des anderen unter die Lupe genommen. Die Schlagzahl der Nachrichten erhöht sich Tag für Tag. Das höchste der Gefühle ist bei zirka zwölf Tagen vor Beginn der Beziehung erreicht. Dann, so die Datenanalysten, schreiben sich die Beiden durchschnittlich 1,67-mal pro Tag. 85 Tage vorher sind es durchschnittlich 1,53 Nachrichten. Wenn die Zwei in der realen Welt endlich zueinander gefunden und die Beziehung offiziell gemacht haben, geht die Zahl der Einträge wieder zurück – und zwar rasant (s. Grafik).
Carlos Diuk, Datenanalyst bei Facebook, vermutet: „Die Paare wollen wahrscheinlich mehr Zeit miteinander verbringen. Sie ersetzen dadurch die Interaktionen im Netz mit mehr echter gemeinsamer Zeit.“ Übrigens: Sind die beiden dann endlich in einer Beziehung, schreiben sich die beiden zwar weniger. Aber wenn sie sich schreiben, drücken sie viel mehr positive Gefühle aus.
Aber nicht nur die Liebe lässt sich in sozialen Netzwerken voraussagen. US-Forscher können nach Datenanalysen mit einer relativ hoher Trefferquote voraussagen, ob die Frauen, deren Daten sie verfolgen, nach der Geburt ihres Kindes Depressionen haben werden oder nicht. Eric Horvitz ist einer dieser Forscher, die untersuchen, was die Frauen in ihren Netzwerken schreiben, welche Stimmung sie dabei ausdrücken und wie oft und mit wie vielen Menschen sie kommunizieren.
Horvitz ist Director des Forschungslabors von Microsoft und stellte vor einigen Tagen diese Ergebnisse beim weltgrößten Wissenschaftsverband AAAS in Chicago vor.
Horvitz und sein Team analysierten unter anderem öffentlich zugängliche Daten aus dem Kurznachrichtendienst Twitter von knapp 3000 Müttern. Für eine weitere Studie fanden sie in Online-Foren dutzende Mütter, die sich zur Teilnahme bereiterklärten und den Forschern Zugriff auf ihre Facebook-Daten gaben. Dann wurde die Online-Aktivitäten der Mütter jeweils drei Monate vor und nach der Geburt des Kindes untersucht.
Mit einer Trefferquote von 70 Prozent konnten Horvitz und seine Kollegen vorhersagen, welche der Frauen nach der Geburt irgendeine Form von postnataler Depression entwickeln würde. Da die Frauen den Forschern Rückmeldungen über diagnostizierte postnatale Depressionen gaben, konnten sie sicher gehen: Die Vorhersagen trafen fast alle ein.
Manch eine Liebe ist zwar auf Facebook sichtbar, hatte allerdings keinen so romantischen Anfang wie bei Flori und Anke. Bei Portalen wie der kanadischen Webseite „Namoro Fake“
kann man sich nämlich einen virtuellen Partner, eine kurze Affäre, einen Freund oder Exfreund kaufen. Mit im Paket enthalten: regelmäßige Posts auf die Pinwannd. Die dreitägige Affäre gibt es schon für zehn Dollar, für den fünftägigen TOP-Partner muss man schon schlappe 120 Dollar hinblättern.
Wie die Bloggerin Ver@liebt schreibt, seien es vor allem Männer, die diese Dienste in Anspruch nehmen. Warum? Weil sie wohl beliebter werden wollen, die Exfreundin eifersüchtig machen möchten oder oder von Freunden und Verwandten genervt sind, die ihren Schützling gern unter der Haube sehen würden. Damit wären sie erst einmal still. Die Frage ist nur, ob auch im realen Leben Probleme gelöst sind, wenn sie beim virtuellen ich nicht mehr bestehen. Der einfache Menschenverstand sagt nein. Und eigentlich ist Liebe im realen Leben ja auch viel schöner.