Essen nach den Genen

Wer seinen individuellen Speisezettel nach seinen Erbanlagen richtet, kann viel für die Gesundheit tun. Wirtschaft und Wissenschaft entdecken die „personalisierte Ernährung“.  
von  Lucia Glahn

Wer seinen individuellen Speisezettel nach seinen Erbanlagen richtet, kann viel für seine Gesundheit tun. Wirtschaft und Wissenschaft entdecken die so genannte „personalisierte Ernährung“.

München - Maßgeschneiderte Ernährungstipps, abgestimmt auf die eigenen Gene und den persönlichen Lebensstil – das ist ein neuer Trend beim Essen. An dieser so genannten „personalisierten Ernährung“ sind Wirtschaft und Wissenschaft stark interessiert. Sie wird auch ein Thema auf dem Internationalen Kongress „Forum Life Science“ sein, der am 13. und 14. März ander Technischen Universität München in Garching stattfindet, organisiert und konzipiert von der Bayern Innovativ GmbH.

Immer mehr Firmen bieten Ernährungsempfehlungen an, die sich auf die Analyse der Gene stützen. „Die Wissenschaft hinkt den kommerziellen Anbietern hinterher“, sagt Prof. Hannelore Daniel vom Lehrstuhl für Ernährungsphysiologie der TU München am Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Jeder könne mittlerweile recht preiswert nach genetischen Varianten essen. Für 100 bis 300 Euro sind die Tipps bei manchen Firmen zu haben. Wissenschaftler sehen diese Angebote allerdings skeptisch. Daniel: „Es gibt mehr oder weniger gute Firmen. Der Verbraucher ist da ziemlich allein gelassen.“

Unterschiedliche Genvarianten

 

Es ist aber in der Tat so: Jeder Mensch hat unterschiedliche Genvarianten, die sich auf den Stoffwechsel auswirken, und deshalb reagiert auch jeder auf die Ernährung verschieden. „Je nach genetischer Ausstattung muss er sich gesünder ernähren oder er kann sich ein schlechteres Verhalten leisten“, so Daniel. Durch die Ernährung kann man die Auswirkung der Genvarianten beeinflussen.

So gibt es beispielsweise eine Variante, bei der man zu einem erhöhten Cholesteringehalt neigt. Dann sollte man darauf achten, weniger gesättigte Fettsäuren und weniger cholesterinreich zu essen, also tierische Produkte wie Wurst oder Käse meiden. Mit dieser Ernährung kann das Risiko einer Herz- Kreislauferkrankung verringert werden.

Bei einer anderen Genvariante besteht ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken. In diesem Fall wird empfohlen, mit gesunder Ernährung wie Vollwertkost und Bewegung der Zuckerkrankheit gegenzusteuern. Gerade ist zum Thema personalisierte Ernährung die europaweite Studie „Food 4 Me“ angelaufen mit insgesamt 1540 Personen in sieben europäischen Zentren. Der Lehrstuhl für Ernährungsphysiologie koordiniert und betreut davon deutschlandweit 220 Männer und Frauen. „Das Interesse ist sehr groß“, so die Münchner Professorin Daniel.

 

Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung

 

Ziel der Studie ist es herauszufinden, ob eine personalisierte Ernährungsempfehlung sinnvoll ist, was sie bewirken kann – und auch, ob sich die Teilnehmer an die Ratschläge halten. Neben Fragen zum Lebensstil werden unter anderem Blutwerte wie Blutzucker und Cholesterin, außerdem Größe, Gewicht, Taillen- und Hüftumfang bestimmt und gemessen. „Getestet werden einige Genvarianten, für die es einen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung gibt“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Silvia Kolossa, die an der Studie mitarbeitet.

So gibt es etwa eine Genvariante, bei der man einen erhöhten Bedarf an Folsäure hat. Das kann man beispielsweise mit mehr grünen Blattgemüse ausgleichen. Auch das verringert das Risiko einer Herz-Kreislauferkrankung. Bei einer bestimmten Genvariation mit dem Risiko zum Übergewicht kann man besonders gut Gewicht verlieren, wenn man sich fettarm ernährt.

„Wir untersuchen auch eine Genvariante, die in Zusammenhang mit Omega-3-Fettsäure steht“, so Kolossa. „Personen mit einer bestimmten Variante können durch den vermehrten Verzehr von Omega-3-Fettsäure beispielsweise durch Meeresfische profitieren. Auch dies wiederum steht in Zusammenhang mit der Herz-Kreislauf-Gesundheit.“ Die bekannten Gesundheitsregeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, wie „fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag“ sind deswegen aber nach wie vor für jeden gültig. Professorin Daniel: „Das Radwird nicht neu erfunden werden.“

 

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