„Es ist eine Wiedergeburt“
Santiago de Chile - Klar, es ist der Tag ihrer Wiedergeburt. Es könnte aber auch der Beginn überwältigender Veränderungen für die Kumpel werden, die nicht alle 33 so einfach packen werden. Zahlreiche Psychologen haben sich Gedanken über das „Leben danach“ für die Bergleute gemacht.
Rund 750 Journalisten befanden sich gestern auf dem Gebiet der Unglücksmine. Schon vor ihrer Bergung war jeder einzelne Bergmann eingeladen worden, Interviews zu geben und in TV-Sendungen aufzutreten. Auch Geld wird dabei fließen. Angebote für einen Film und Bücher sind zu erwarten.
„Es ist klar, dass die Bergleute nach ihrer Rettung gefragt sind, wie derzeit kaum sonst jemand“, sagt der Medienexperte Bernd Blöbaum von der Uni Münster. „Aber: Sie sollten unbedingt vor diesem enormen Medienansturm abgeschottet werden.“
Die 33 sollten auf jeden Fall die erste Zeit ihren Familien widmen und dann erst Kontakt mit den Medien aufnehmen. Er würde ihnen auch raten, sich genau zu überlegen, mit welchen Informationen sie an die Öffentlichkeit gehen. „Es gibt vielleicht intime Details, die in der Tiefe vorgefallen sind und die dort auch bleiben sollten“, sagte Blöbaum.
Einer der Geretteten, der 40-jährige Mario Sepúlveda, bat denn auch die Medien, ihn nicht wie einen Star, Künstler oder Journalisten zu behandeln: „Ich will, dass Sie mich wie den behandeln, der ich bin – ein Bergarbeiter.“
Aber auch sonst könnten die Veränderungen und Erfahrungen der mehr als zwei Monate lang völlig isolierten Männer überwältigend sein. Zunächst einmal seien sie nicht die Helden, sondern Opfer, so der Psychologe Sergio Gonzalez von der Uni in Santiago de Chile. Die Bergarbeiter seien in ihrer Gefangenschaft andere Menschen geworden, genauso wie ihre Angehörigen.
Auch der chilenische Gesundheitsminister Jaime Manalich warnt: „Es kommen sehr schwierige Anpassungssituationen auf die Kumpel zu – weil sie sich mit den Medien und dem Ruhm auseinander setzen müssen.“
Eine ganz andere Meinung vertritt der Chefpsychologe des Rettungsteams in der Atacama–Wüste, Alberto Iturra: „Sie sind dem Tod von der Schippe gesprungen. Was sollten sie jetzt noch befürchten, wovor Angst haben?“ Für sie sei der Tag der Rettung eine Art Wiedergeburt: „Und in einem Jahr werden sie ein zufriedeneres Leben führen als vor dem Grubenunglück am 5. August.“
mh
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