Er wäscht Füße und Köpfe
Der Papst feiert Gründonnerstag im Knast - und übt Kritik an der Kirche
ROM Und schon wieder hat Papst Franziskus mit allen Regeln gebrochen: Am Gründonnerstag hat er zwölf Häftlingen in einem Jugendgefängnis nahe Rom die Füße gewaschen. Das Ritual ist Jahrhunderte alt und erinnert daran, dass Jesus am Tag vor seinem Kreuzestod auch seinen Jüngern die Füße gewaschen hat – als Zeichen für den Dienst an- und untereinander.
Auch Franziskus’ Vorgänger Benedikt hat am Gründonnerstag stets Füße gewaschen. Allerdings die von ausgewählten Priestern, in der prachtvollen Lateranbasilika. Franziskus aber wollte ein Zeichen setzen: Nicht den dekorierten Würdenträgern muss die Kirche in erster Linie dienen. Nein, Franziskus ging zu jungen Knackis. Er wusch Dieben, Betrügern und Verbrechern die Füße. Männern und zum ersten Mal auch Frauen. Muslimen, Atheisten und Christen. Er brachte Kuchen und Ostereier für alle mit und sagte zu den Häftlingen: „Gebt die Hoffnung nicht auf. Kapiert? Mit Hoffnung könnt ihr immer weitermachen.“
Die Kirche kreist nur um sich selbst
Seinen Priestern und Bischöfen wusch Franziskus dagegen lieber die Köpfe: In einem nie zuvor dagewesenen Vorgang genehmigte der Papst, dass seine Rede aus dem Vorkonklave veröffentlicht wird. Und zwar ausgerechnet in einer Diözesanzeitschrift im kommunistischen Kuba – auch das zeigt, wie sich die Perspektiven in der Weltkirche unter dem argentinischen Papst verschieben. Eigentlich ist alles, was vor und im Konklave gesprochen wird, streng geheim. Wer unerlaubt plaudert, wird exkommuniziert. Viel brisanter ist aber der Inhalt der Rede.
Bergoglio beklagt darin, dass die Kirche nur noch um sich selbst kreise und ihre Kernbotschaft, die Verkündigung des Evangeliums, vernachlässigt habe. Bergoglio hielt diese Rede, als er noch Kardinal war. Kurz darauf wurde er zum Papst gewählt. Der deutsche Theologe Georg Schwickart nennt die Rede eine „Abrechnung mit Benedikt“. Der habe die Kirche nur weitergeführt, wie sie war, sagte Schwickart „Spiegel Online“. „Da hat Franziskus in drei Wochen schon mehr geschafft als Benedikt in acht Jahren.“
Franziskus wiederholte seine Kritik am Gründonnerstag in einer Messe im Petersdom, vor rund 1600 Priestern und Ordensleuten. „Wer nicht aus sich herausgeht, wird, statt Mittler zu sein, allmählich ein Zwischenhändler, ein Verwalter“, rief er den Priestern zu.
Die Bescheidenheit macht Schule
Die nehmen sich das Beispiel ihres Oberhirten offenbar zu Herzen: Der Patriarch von Venedig, Francesco Moraglia, hat angekündigt, den prachtvollen Sitz der Kirchenleitung nahe des Dogenpalasts schließen zu wollen. Grund dafür sei „die Verpflichtung zur Einfachheit“. Außerdem müsse man in Krisenzeiten Geld sparen. Und der Apostolische Nuntius Jean-Claude Perisset überlegte in der „Mittelbayerischen Zeitung“, ob es nicht statt des Mercedes-Dienstwagens auch ein Volkswagen tue.
Am Karfreitag wollte Franziskus den traditionellen Kreuzweg am Kolosseum in Rom feiern. Zu der Prozession wurden wieder zehntausende Gläubige erwartet. Der Höhepunkt der Osterfeierlichkeiten ist der päpstliche Segen „Urbi et Orbi“, den Franziskus am Sonntag auf dem Petersplatz „der Stadt und dem Erdkreis“ spenden wird. Mal sehen, ob der Papst dann wieder alle überrascht.
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