"Eine solche Mogelpackung hatten wir noch nie": Verbraucherschützer schlagen Preisalarm

Hamburg - Ein Rekord-Jahr im negativen Sinne: Die Hamburger Verbraucherschützer waren 2023 so vielen Mogelpackungen wie nie zuvor auf der Spur. Das heißt, wenn der Inhalt eines Produkts still und heimlich schrumpft, und der Hersteller teils sogar noch beim Preis draufschlägt.

Die Verbraucherzentrale lässt jedes Jahr über solche dreisten Preissteigerungen abstimmen. Doch die fünf Kandidaten, die jetzt noch bis zum 22. Januar zur Abstimmung stehen, sind nur das Sahnehäubchen. Insgesamt nahmen die Verbraucherschützer im vergangenen Jahr 104 Produkte in ihre Liste auf. Das ist eine deutliche Steigerung zu 2022: Damals waren es 76. Im Jahr 2021 sogar nur 47.

Die Verbraucherzentrale teilt zur Wahl der Mogelpackung des Jahres mit: "Wir möchten, dass Produkte mit wenig Inhalt nicht mehr im Regal stehen dürfen, sondern alle Verpackungen von den Herstellern grundsätzlich bis zum Rand befüllt werden müssen. Das wäre ein echter Paradigmenwechsel hin zu weniger Trickserei und mehr Nachhaltigkeit. Derzeit sind in der Regel bis zu 30 Prozent Luft in der Packung erlaubt, in manchen Fällen sogar mehr."

Verbraucherschützer suchen Mogelpackung des Jahres: Für Kunden "detektivische Recherchearbeit"

Gleichzeitig sollten Verbraucher erkennen können, ob sich die Füllmenge geändert hat, heißt es in der Mitteilung. "Eine Kennzeichnung direkt auf der Verpackung wäre die verbraucherfreundlichste Lösung." Aktuell gleiche die Suche nach den geschrumpften Packungen "detektivischer Recherchearbeit".

Rein rechtlich sei bei Mogelpackungen selten etwas zu erreichen. In einem Fall hat die Verbraucherzentrale etwas unternommen im vergangenen Jahr: Sie reichte Klage gegen die Firma Upfield ein, die hatte beim Streichfett Sanella "im gleichen Becher ohne irgendeinen Hinweis statt 500 Gramm nur noch 400 Gramm" gefüllt. Demnach steht die mündliche Verhandlung dazu Ende Januar am Landgericht Hamburg an.

Ein Urteil über die Mogelpackungen des Jahres fällt schon früher und bezieht die Verbraucher mit ein. Sie können abstimmen bis Montag, 22. Januar, 16 Uhr: Das sind die fünf Kandidaten, die zur Auswahl stehen.

"Bei über 30 Produkten hat Katjes den Inhalt reduziert"

1. Yoghurt-Gums von Katjes: Die Verbraucherzentrale Hamburg teilt mit, dass hier der Inhalt von 200 auf 175 Gramm geschrumpft ist. "Mindestens 14 Prozent beträgt die versteckte Preiserhöhung beim Normalpreis, in einigen Märkten fällt der Preisanstieg auch höher aus", heißt es zu Kandidat Nummer 1. Demnach ist das kein Einzelfall beim dem Unternehmen: "Bei über 30 Produkten hat Katjes im Jahr 2023 den Inhalt reduziert."

Dabei sei der Hersteller besonders geschickt vorgegangen: "Die Größe der Tüten blieb unverändert und es gab keinen Hinweis auf die Füllmengenreduzierung." Dass weniger Fruchtgummis drinstecken, ist das eine. Das andere: der Verpackungsmüll. "Wir haben nachgerechnet: Bei der gleichen Menge von 1000 Tonnen Fruchtgummis benötigt die Firma über 700.000 Verpackungsbeutel mehr."

2. Tuc Bake Rolls Meersalz von Mondelez: "Eine solche Mogelpackung hatten wir noch nie", konstatieren die Verbraucherschützer. Denn: Die Preissteigerung beträgt 127 Prozent!

Wie kommt das zustande? Seit 2023 verkauft der Hersteller Mondelez seine 7days Bake Rolls unter dem neuen Namen Tuc Bake Rolls – so auch die Variante mit Meersalz. Dabei schrumpfte der Inhalt von 250 auf 150 Gramm. "Gleichzeitig stieg der Preis für das vermeintlich neue Produkt bei Rewe zum Beispiel auf 1,89 Euro. Unter der Marke 7days hatten die Brotchips mit Meersalz dort noch 1,39 Euro gekostet."

Preissteigerung bei Oreo-Eis um 63 Prozent

3. Chocolat Amandes Vollmilch von Aldi: Wer zu Aldi geht, hat ein Herz für günstige Produkte. Aber auch hier ist es zu einer versteckten Preiserhöhung gekommen. "Die Marzipan-Schokolade Chocolat Amandes Vollmilch von Aldi schrumpfte 2023 von 184 auf 150 Gramm. In den ersten Wochen nach der Umstellung reduzierte Aldi den Verkaufspreis von 1,59 Euro auf 1,49 Euro." Das klingt nach einem Schnäppchen, war aber trotzdem noch eine versteckte Preiserhöhung von 15 Prozent.

Damit ist die Mogelpackung-Geschichte aber noch nicht auserzählt, wie die Verbraucherzentrale ausführt: "Kurze Zeit später erhöhte Aldi den Verkaufspreis sogar auf 1,69 Euro, sodass die gefüllte Marzipan-Schokolade binnen weniger Wochen über 30 Prozent mehr kostete."

4. Listerine Total Care von Johnson & Johnson: Von süßer Schokolade zur Mundspülung. Seit 2023 füllt der Hersteller Johnson & Johnson nur noch 500 Milliliter Listerine pro Flasche ab (davor: 600 Milliliter). "Das allein entspricht einem Preisanstieg von 20 Prozent bei gleichem Verkaufspreis."

Bei manchen Händlern sei das Produkt aber teurer geworden. "Kaufland beispielsweise bot die sogenannte Premium-Variante Listerine Total Care für 4,95 Euro statt vorher 4,45 Euro an." Unterm Strich: eine Preissteigerung um 33,5 Prozent.

5. Oreo Stieleis von Froneri: Oreo als Eis? Das dürfte so manche Fans neugierig gemacht haben. Ob sie auch auf den geschrumpften Inhalt geachtet haben? Vorher gab es das Produkt im Vierer-Pack, seit vergangenem Jahr sind es nur noch drei Stück pro Packung. Das Stieleis selbst ist ebenfalls weniger geworden, statt 110 Milliliter sind es jeweils nur noch 90. Versteckte Preiserhöhung: 63 Prozent.

Zum Voting: umfrage.vzhh.de