Ein Schlag gegen die Rocker

Schleswig-Holstein verbietet zwei Vereine: einen der „Hells Angels“ und einen der „Bandidos“. Damit will der Innenminister endlich die Kämpfe der kriminellen Banden beenden
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Schleswig-Holstein verbietet zwei Vereine: einen der „Hells Angels“ und einen der „Bandidos“. Damit will der Innenminister endlich die Kämpfe der kriminellen Banden beenden

FLENSBURG Es war 7 Uhr morgens, als die Polizisten anrückten: Sie durchsuchten das Vereinsheim und schraubten die Schilder mit dem „Hells Angels“-Schriftzug und dem beflügelten Totenkopf ab. Das Wappen darf jetzt in der Öffentlichkeit nicht mehr verbreitet werden. Denn Schleswig-Holstein greift im Kampf gegen die Rocker hart durch: Der Innenminister von Schleswig-Holstein, Klaus Schlie (CDU), hat gestern die beiden Vereine „Hells Angels MC Charter Flensburg“ und „Bandidos MC Probationary Chapter Neumünster“ verboten. „Beide Vereine verstoßen gegen die Strafgesetze und richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung“, sagte Schlie. Ein Sprecher der „Hells Angels“ nannte das Verbot „absoluten Schwachsinn“ und das deutsche Vereinsrecht einen „Nazi-Paragraphen“.

Das Vermögen der Vereine wurde bei der Auflösungsaktion beschlagnahmt, die Mitglieder dürfen keine Ersatzorganisationen gründen. Das Verbot ist eine Reaktion auf die monatelangen Unruhen zwischen den rivalisierenden Banden. Erst am Dienstag hatte die Polizei zwei Mitglieder der „Bandidos MC Neumünster“ und eine weitere Person wegen eines Messerangriffs auf zwei andere Rocker festgenommen. Darunter soll auch der ehemalige NPD–Landeschef Peter Borchert gewesen sein. Borchert gilt als Drahtzieher der „Bandidos“. 2008 verletzte er einen „Hells Angel“ mit dem Messer schwer. Im Prozess wurde er aber freigesprochen, weil er sich auf Notwehr berief.

Seit Mai 2009 war es immer öfter zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Laut den Ermittlern kämpfen die Rocker um Reviere und den Einfluss im Rotlichtmilieu – und dabei sind sie nicht zimperlich: Messerangriffe, Massenschlägereien, immer wieder gab es Tote. Anfang des Jahres wurde der Anführer der Flensburger „Hells Angels“ wegen versuchten Totschlags verhaftet. Er soll mit seinem Auto auf der Autobahn einen „Bandido“ vom Motorrad gefahren haben.

Besonders laut wurde der Ruf nach einem Verbot im März. Bei einer Rotlicht-Razzia im rheinland-pfälzischen Anhausen erschoss ein „Hells Angel“ einen SEK-Beamten. „Es handelt sich nicht um harmlose Motorradclubs, deren Mitglieder sich zu friedlichen Wochenendausflügen treffen“, sagt Minister Schlie. Die Vereine hätten den Zweck, kriminelle Macht zu entfalten. Körperverletzung, Nötigung, Verstöße gegen das Waffengesetz – „diese Straftaten stellen sich sichtbar als Aktivitäten der Vereine dar“. Er räumte aber ein, dass blutige Kämpfe auch nach dem Verbot nicht auszuschließen sind.

Die Hells Angels wollen rechtliche Schritte prüfen. In Hamburg wurden die Rocker schon 1983 vereinsrechtlich verboten. „Der Verein war darauf ausgerichtet, durch schwerwiegende Straftaten wie zum Beispiel Raub, Erpressung, illegaler Waffenhandel und Drogenkriminalität Geld einzunehmen“, sagt ein Sprecher der Innenbehörde. Die „Hells Angels“ klagten gegen das Verbot, scheiterten aber 1988 vor dem Bundesverwaltungsgericht. ta

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