Ein Name, der alles kann: Alle Müllers, oder was?

Fast 800000 Deutsche tragen den häufigsten Nachnamen. Zwei Forscher aus Bielefeld halten den aber für unpraktisch. Mit der „Selten gewinnt“-Regel sollen die Müllers, Schmidts und Meiers in Zukunft weniger werden
von  Abendzeitung
Erfolgreich für den FC Bayern und die deutsche Nationalmannschaft: Thomas Müller
Erfolgreich für den FC Bayern und die deutsche Nationalmannschaft: Thomas Müller © dpa

BIELEFELD - Fast 800000 Deutsche tragen den häufigsten Nachnamen. Zwei Forscher aus Bielefeld halten den aber für unpraktisch. Mit der „Selten gewinnt“-Regel sollen die Müllers, Schmidts und Meiers in Zukunft weniger werden

Er war zweimal Torschützenkönig der Fußball-Weltmeisterschaft, erhielt den Nobelpreis für Literatur, regiert ein Bundesland, war für den Oscar nominiert und kann auch noch singen, über sich selbst oder Pfefferminz. Das kann kein Mensch allein, das kann nur ein Name. Müller.

Zwei Bielefelder Forscher würden den am liebsten abschaffen. Zu unpraktisch, meint Entwicklungsbiologe Harald Jockusch. „Müller“ ist der häufigste Familienname der Deutschen, fast 800000 Menschen heißen so. „Im Berliner Telefonbuch gibt es 15 Seiten lang nur Müller“, sagt Jockusch. Als Träger von Information sei der Nachname deshalb ungeeignet.

Jockusch und sein Kollege Alexander Fuhrmann haben eine Lösung: die „Selten gewinnt“-Regel. Bei einer Heirat soll der seltenere Nachname zum Familiennamen werden. In einer Modellrechnung fanden die Forscher heraus, dass so innerhalb von 50 Jahren die drei häufigsten Namen Müller, Schmidt und Schneider, auf ein Fünftel ihrer jetzigen Häufigkeit absinken würden. In der Realität würde das aber etwas länger dauern, schätzen sie.

Eine sanfte Methode. Im Gegensatz zu Dänemark, wo Jensen, Nielsen, Pedersen und Andersen so überhand nahmen, dass die Regierung einschreiten musste. Dort darf man jetzt eigene Familiennamen erfinden.

Doch gerade Personen, die sich in der Öffentlichkeit profilieren wollen, tun sich mit Allerweltsnamen wie Müller und Meier schwer, glaubt Jockusch. „Wenn man im Internet so jemanden sucht – der versinkt einfach.“ Doppelnamen können da helfen. Wie bei Lena Meyer-Landrut, deren Nachname Diplomaten-Esprit verströmt. „Lena Meyer“ klingt eher nach „Lieschen Müller“, also Durchschnitt. Man kann es auch machen wie Marius Müller-Westernhagen, der den „Müller“ irgendwann wegließ. Und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller wäre vielleicht etwas bekannter, wenn er nicht neben dem häufigsten Nach- auch noch den häufigsten Vornamen hätte.

Das mit den Doppelnamen hält Jockusch aber für eine schlechte Lösung: „Die lassen sich nur schwer weitergeben.“ Die Namen würden von Generation zu Generation immer länger. „Irgendwann reicht ein DIN-A4-Papier nicht mal mehr für die Adresse.“ Es solle aber nicht der Eindruck entstehen, dass er Namen wie Müller oder Schmidt ausrotten wolle. Nur die Häufigkeiten sollen angeglichen werden. Eine Initiative der Politik fordert er nicht. „Der Familienname ist schließlich eine sehr private Angelegenheit.“ Wäre ja auch schade, wenn es in der Bundesliga mal nicht mehr müllert. Sondern jockuscht, oder so. Christoph Landsgesell

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