Ein Jahr danach: Warum wurde das Länderspiel in Hannover abgesagt?
Hannover - Am 17. November 2015 war die Freundschaftspartie zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover kurz nach Einlassbeginn abgesagt worden. Wie sich später herausstellte, hatte es zuvor die entscheidende Warnung vor einem Terroranschlag durch einen israelischen Geheimdienst gegeben. Nach dem Vorbild der Pariser Terrorakte wenige Tage zuvor habe auch in Hannover eine Serie von Anschlägen gedroht, berichteten damals mehrere Medien.
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Das Spiel sollte ein Triumph über den Terrorismus werden
Nach den Anschlägen von Paris hatte die Interims-Führung des DFB eigentlich zunächst die Devise ausgegeben, dass das Länderspiel auf jeden Fall stattfinden solle. "Der Fußball weicht dem Terror nicht. Man darf denen, die uns das angetan haben, nicht den Triumph gönnen", betont Vizechef Reinhard Rauball. Die Mannschaft hingegen war sich nicht so sicher, dass ein Länderspiel eine gute Idee sei. Offenbar waren viele Spieler für eine Absage der Partie. Löw schien hin- und hergerissen, gibt aber schließlich sein OK, als auch noch Bundeskanzlerin Angela Merkel als Ehrengast bestätigt wird.
Auf der Pressekonferenz proklamierte Löw die Partie zu einem "klaren Symbol für die Freiheit und die Demokratie". Er wünschte sich, dass die sportliche Rivalität in den Hintergrund rückt und dass "dieses Spiel stattfindet mit ganz anderen Werten und für andere Werte. Wenn wir das Spiel so verstehen, haben wir unabhängig vom Ergebnis gewonnen."
Doch dieser Sieg war einen Tag später nicht möglich. Löw saß mit seinem Team im Bus auf dem Weg in die AWD-Arena in Hannover, als die Spielabsage kam: Terrorverdacht. Der Bus kehrte sofort um, fuhr zurück ins Teamquartier. Noch in der Nacht reisten die Spieler ab - alle wollten nach Hause. "Das hat man schon gespürt, dass es die Spieler getroffen hat und dass sie auch verunsichert sind", sagte Bierhoff später.
Keine Waffen, kein Sprengstoff, ein Verdächtiger
Bei Durchsuchungen im Stadion und andernorts in Hannover wurden allerdings weder Waffen noch Sprengstoff gefunden, auch Festnahmen gab es nach Darstellung der Polizei nicht. Eine Spur führt zu dem 20-jährigen Mohamad Hasan K. Der Deutsch-Syrer steht derzeit in Celle als Mitangeklagter der IS-Sympathisantin Safia S. vor Gericht. Er soll von den Plänen des Mädchens gewusst haben, das einen Polizisten im Februar mit einer Messerattacke schwer verletzte.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Mohamad Hasan K., weil er mit den angeblichen Terrorplänen zu tun haben könnte, die zur Absage des Länderspiels führten. Als Ordner im Stadion filmte er sich bei der Räumung und stellte die Sequenz ins Netz mit dem Kommentar: "Betet für Raqqa" - die syrische Stadt Al-Rakka ist eine Hochburg des IS.
Und so bleibt das vorerst einzige Fazit dieses Abends im November 2015 der mittlerweile legendäre Ausspruch von Innenminister Thomas de Maizière, der auf die Frage nach dem Grund der Absage erklärte: "Ein Teil der Antworten würde die Bevölkerung verunsichern."