Ein gefährlicher Traum

In ihrer Sendung "Germany’s next Topmodel" sucht Heidi Klum auf Pro Sieben mal wieder frische Laufsteg-Gesichter. Doch Experten kritisieren offen die Casting-Show.
von  Abendzeitung
Heidi Klum und Kollegen suchen mal wieder Models.
Heidi Klum und Kollegen suchen mal wieder Models. © ProSieben

In ihrer Sendung "Germany’s next Topmodel" sucht Heidi Klum auf Pro Sieben mal wieder frische Laufsteg-Gesichter. Doch Experten kritisieren offen die Casting-Show.

„Es ist ein Job, kein Spaß“, schärft Heidi Klum gleich zu Beginn der dritten Staffel von „Germany’s next Topmodel“ den Mädels ein. Doch für die ist die Teilnahme an der Casting-Show in erster Linie ein großer Traum – ein Traum vom Leben als Topmodel. Mehr als 18 200 Möchtegern- Models haben sich für die neue Staffel beworben, am Donnerstag geht sie los.

Aber nicht nur die Kandidatinnen, auch viele der jungen Zuschauerinnen träumen von einer Laufsteg-Karriere. Und die haben schon in der ersten Staffel von „Germany’s next Topmodel“ gelernt: Mit 52 Kilo auf einer Körpergröße von 1,76 Meter ist man in der Model-Welt zu dick. Klum und ihr Jury-Team schickten ein Mädchen deshalb nach Hause.

„Hochproblematisch“, findet Lisa Pecho, Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, das Schönheitsideal, das „Germany’s next Topmodel“ vermittelt. Die 46-Jährige ist ärztliche Leiterin von Anad, einer Münchner Beratungsstelle für Essgstörte. „Die Models sind viel zu dünn und als junges Mädchen stelle ich mich schon mal vor den Spiegel, um zu sehen, wie ich selbst im Vergleich aussehe“, sagt Pecho.

Ohne Ess-Störung keine Modelfigur

Dieser Vergleich fällt dann fast immer negativ aus. „Denn ohne eine Ess-Störung werden die meisten eine Figur, wie sie da gezeigt wird, nicht hinkriegen“, sagt die Expertin. Die Klum-Show als Einstieg in die Magersucht? „Natürlich hängt das von der Stabilität der Jugendlichen ab“, sagt Pecho. „Gefährlich wird es aber, wenn das Streben nach der optimalen Figur andere Unsicherheiten ausgleichen soll.“

Carl Leibl, Chefarzt an der Klinik Roseneck, eine der führenden Einrichtungen in der Behandlung von Magersüchtigen, ergänzt: „Sehr problematisch ist, dass gerade die Altersgruppe, an die sich die Sendung richtet, ihr Selbstwertgefühl auch davon abhängig macht, ob sie den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Untersuchungen zeigen, dass in westeuropäischen Ländern, in denen der Schlankheitswahn die Mode bestimmt, Ess-Störungen besonders häufig vorkommen.“

„Die Zahlen sind erschreckend“, sagt Pecho. „Laut dem Robert-Koch-Institut zeigen 29 Prozent der Elf bis 17-Jährigen Merkmale einer Ess-Störung.“ Sendungen wie „Germany’s next Topmodel“ könnten dabei durchaus mit der Einstiegsdroge Haschisch verglichen werden, so Pecho. „Nicht jeder, der einmal Cannabis geraucht hat, wird zwangsläufig heroinsüchtig. Aber fast jeder Heroinsüchtige hat schon einmal Cannabis geraucht“, sagt sie. Hinzu komme, dass wir in einer narzisstischen Gesellschaft leben. „Wer erfolgreich sein will, muss perfekt aussehen“, sagt Pecho. Das wissen schon die Kleinsten. „Die Figur ist selbst bei Grundschülern schon ein Thema. Wichtig ist deshalb, dass Kinder ein gesundes Ess- Verhalten lernen.“

Hier sind die Mütter gefragt: „Die sind heute zu früh um das Gewicht ihrer Kinder besorgt“, sagt die Ärztin. „Sehr bedenklich ist es auch, wenn sie selbst ständig Diäten machen, denn Kinder lernen am Modell.“ Und das ist zum Glück nicht nur Heidi Klum. Angelika Kahl

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