Ein Ende der Qualzucht von Mops und Co.? "Hecheln ist nicht süß, sondern ein Zeichen von Krankheit"

Brüssel/München - Die EU-Länder sprechen sich gegen die Qualzucht von Hunden und Katzen aus. So soll verhindert werden, dass diese Züge an künftige Generationen weitergegeben werden, wenn ein hohes Gesundheitsrisiko für sie und ihre Nachkommen besteht, wie die Mitgliedsstaaten am Mittwoch mitteilten. Was genau ein solches extremes Merkmal mit Gesundheitsrisiko ist, soll noch auf Grundlage wissenschaftlicher Forschungen festgelegt werden.
Tierschutzverein München begrüßt Vorstoß der EU-Staaten zum Ende von Qualzucht
"Das ist ein absolut guter Ansatz", sagt Kristina Berchtold vom Tierschutzverein München der AZ. Wichtig sei nun vor allem, die Formen der Qualzucht genau zu definieren. Denn in Deutschland ist diese im Paragrafen 11b des Tierschutzgesetzes eigentlich schon geregelt. Züchtungen, die Schmerzen, Leid oder Schäden verursachen, sind verboten. Eine rechtlich bindende Konkretisierung bleibt aus. Qualzucht hat viele Formen und trifft laut Berchtold beinahe alle Tierarten - etwa Zuchttauben, die nach menschlichen Idealvorstellungen "gestaltet" werden.
Das sehr verbreitete Kupieren - das Entfernen oder Kürzen von Schwanz und Ohren, unter anderem bei Hunden - gehört dazu. Dieses soll nach dem Willen der EU-Staaten ebenfalls verboten werden. Auch das sei zwar in Deutschland verboten, würde aber oft im Ausland trotzdem durchgeführt, erklärt Berchtold. Für die Halter bleibt das ohne Folgen.

Grundlage für die Position der EU-Staaten war ein Vorschlag, den die Europäische Kommission bereits im Winter 2023 vorgelegt hatte. Laut EU-Staaten war darin aber kein Stopp für die Züchtung von extremen Merkmalen vorgesehen. Nach Angaben der Behörde besitzen die Bürger in der Europäischen Union mehr als 72 Millionen Hunde und 83 Millionen Katzen. Der jährliche Umsatz im Handel mit den Tieren wird auf rund 1,3 Milliarden Euro geschätzt.
"Niedlichkeit" mit üblen Folgen: "Viele landen bei uns im Tierheim"
Gerade kurzschnäuzige Hunderassen wie Möpse oder Bulldoggen seien betroffen, sagt Berchtold. "Diese Moderassen bedienen vermeintlich ein Kindchenschema." Durch die großen Kulleraugen oder kurzen Beine sollen diese Hunde besonders süß wirken. Der Mops - der zu den ältesten Hunderassen gehört - war in seiner Ursprungsform hochbeiniger und hatte eine längere Schnauze sowie tief liegende Augen. Auch einige Katzenarten werden durch Zucht verändert - etwa die Schottische Faltohrkatze, die durch eine Mutation hängende Ohren hat.
Die vermeintliche Niedlichkeit hat für die Tiere üble Folgen. Möpse oder Bulldoggen haben durch die kurzen Schnauzen große Probleme bei der Atmung. "Das Hecheln ist nicht süß, sondern ein Zeichen von Krankheit", sagt Berchtold. Die kleinste Anstrengung würde den Hunden Probleme bereiten. Die kurzen Beine lassen die Zamperl schwer gehen. Ähnlich wie bei den Faltohrkatzen sorgen veränderte Ohren für häufige Entzündungen. Halter bemerken diese gesundheitlichen Probleme oft spät. "Viele landen bei uns im Tierheim", sagt Berchtold. Im Laufe der Zeit würden hohe Tierarztrechnungen entstehen, die sich manche Halter nicht leisten wollen.
Das EU-weite Gesetz zielt darauf ab, den illegalen Handel mit den beliebten Haustieren einzudämmen und mehr für ihr Wohlergehen zu tun. Konkret sollen auch die Standards für die Haltung vereinheitlicht werden. So soll es etwa ein Mindestplatzangebot, geregelten Zugang zu Tageslicht und Grundregeln für die Fütterung in Einrichtungen wie Tierheimen geben.
Tierschutzverein fordert Sachkundenachweis für Tierhalter
Zudem müssten alle Tiere mit einem Mikrochip versehen und in einer Datenbank registriert werden, bevor sie verkauft oder verschenkt werden. Es ist bislang nicht vorgesehen, dass die neuen Vorschriften für Tiere gelten, die sich im Besitz von Privatpersonen befinden. Das kritisiert Berchtold. "Auch bei der Privathaltung würden wir uns mehr wünschen." Der Tierschutzverein München fordert zudem einen Sachkundenachweis für alle Tierhalter. Damit könnte viel Unwissenheit vorgebeugt werden. Letztendlich würden dadurch weniger Vierbeiner im Tierheim landen. Denn dorthin kommen, so Berchtold, meist Tiere, die unüberlegt angeschafft wurden.
Der Deutsche Mopsclub in Heinsberg wollte sich auf AZ-Anfrage nicht äußern. Bevor die Regeln in Kraft treten können, muss der finale Gesetzestext noch mit dem Europaparlament ausgehandelt werden.