Ebook: Das Buch aus Bytes

Diesmal soll’s endlich klappen. In diesem Jahr soll der Durchbruch des E-Book gelingen. Mit Spannung wird auf der Frankfurter Buchmesse die Präsentation des „Reader“ von Sony erwartet.
Gemunkelt wird, dass auch das Onlineportal Amazon sein E-Book „Kindle“ auf der Buchmesse vorstellen könnte. Bisher gibt es die elektronischen Lesegeräte nur in den USA zu kaufen – aber dort haben sie den Buchmarkt durcheinandergewirbelt. Dabei war der erste Anlauf des E-Books noch grandios gefloppt. Vor zehn Jahren wollte sich niemand mit den klobigen, schweren Quadern aufs Sofa kuscheln. Für unterwegs waren sie erst recht nicht geeignet, weil die Akkus nach maximal einer Stunde den Geist aufgaben. Dazu kamen flimmernde Displays, die die Augen ermüdeten. Jetzt aber haben die Macher einiges dazugelernt.
Genauso wie Handys sind E-Books schmaler und schlanker geworden. Sie halten Akku-Laufzeiten von bis zu 20 Stunden locker aus und verfügen dank neuartiger Display-Technik über einen deutlich besseren Kontrast. Technisch soll der Bücher-Download genauso funktionieren wie das Runterladen von Musik – nur dass man eben nicht das neue Album von „AC/DC“ anklickt, sondern Orhan Pamuk und Konsorten. Die Bücher kosten dabei vielleicht ein Drittel des normalen Preises, allerdings schlägt das dazugehörige Lesegerät mit bis zu 300 Dollar zu Buche. Und wer in den USA einen Kindle besitzt, braucht die passende Bücher-Software von Amazon. Die deutschen Verlage wollen diese Monopol-Bildung verhindern, sie plädieren für offene Software.
So oder so: Elektronische Bücher sind ein Zukunftsmarkt. In den USA ist der Umsatz mit E-Literatur in nur einem halben Jahr von knapp acht Millionen Dollar auf zehn Millionen angewachsen. Die Penguin Group hat in den ersten vier Monaten 2008 mehr Umsatz mit E-Books gemacht als mit herkömmlichen Druckerzeugnissen.
Nach Großbritannien ist die Welle bereits geschwappt, dort gibt es den „Reader“ im Buchhandel. Und die Franzosen – in vieler Hinsicht Pioniere bei der Internetnutzung – experimentieren schon mit der Tageszeitung der Zukunft. Dort hat die France-Telecom-Tochter Orange ein Lesegerät namens „Read and Go“ vorgestellt – per UMTS können sich Leser die Angebote von Tageszeitungen auf das flache, Din-A4-große Gerät schicken lassen. An dem Projekt beteiligen sich Le Monde, Le Parisien und L’Equipe.
Ist das Ende des guten alten Buchs jetzt nahe? Nicht ganz. Denn Bücher sind auch Prestigeträger. Die Shakespeare-Gesamtausgabe macht sich halt gut im Regal, wenn die lieben Kollegen zur Geburtstagsparty kommen. Nur die Schund- und Schmachtfetzen, die wir wirklich gerne lesen – die kann man in Zukunft prima im „Reader“ oder „Kindle“ verstecken.
Annette Zoch