Drama in Dresden: Totschlag vor dem Richter

Mitten in der Verhandlung zückt der Angeklagte Alex W. ein Messer – und sticht auf eine Zeugin ein. Dabei ging es vor dem Dresdener Gericht nur um 800 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung
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Harmlose Verhandlung, blutiges Ende: Rettungskräfte tragen einen Verletzten aus dem Dresdener Landgericht.
brennpunktfoto Harmlose Verhandlung, blutiges Ende: Rettungskräfte tragen einen Verletzten aus dem Dresdener Landgericht.

DRESDEN - Mitten in der Verhandlung zückt der Angeklagte Alex W. ein Messer – und sticht auf eine Zeugin ein. Dabei ging es vor dem Dresdener Gericht nur um 800 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung

Es begann mit einer harmlosen Frage auf einem Kinderspielplatz – und endete tödlich: Ein 28-Jähriger hat während einer Verhandlung vor dem Dresdener Landgericht mit einem Messer auf eine 32-jährige Frau erstochen. Sie starb noch im Gerichtssaal an ihren schweren Verletzungen.

Hintergrund: Der Täter Alex W. war im November 2008 in Dresden zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt worden. Auf einem Spielplatz hatte der Russlanddeutsche eine Frau, die aus Ägypten stammt, als „Islamistin und Terroristin“ beleidigt.

Ob das Opfer die getötete Frau war oder lediglich deren Aussage bestätigte – dazu gaben die Ermittler zunächst keine Auskünfte. Es sei aber davon auszugehen, dass die Getötete die Ägypterin sei, sagte ein Reporter der „Sächsischen Zeitung“ zur AZ.

Die Notärzte konnten ihr Leben nicht mehr retten

Alex W. war damals mit einem Kind seiner Schwester auf dem Spielplatz, die Frau mit einem eigenen Kind. Sie bat den damals arbeitslosen Lagerarbeiter, eine Schaukel, auf der er saß, für ihr Kind freizugeben. Anschließend kam es zu der Beleidigung, der Mann wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von etwa 800 Euro verurteilt – über die nun in dem Berufungsverfahren erneut verhandelt werden sollte.

Unvermittelt zückte Alex W. während der Verhandlung gegen 10.30 Uhr sein Messer – und stach mehrmals zu. Sein Opfer brach zusammen, die herbeigerufenen Notärzte konnten ihr Leben nicht mehr retten.

Die Polizei überwältigte den Mann, der im Saal noch zwei weitere Menschen verletzt haben soll, darunter auch den Ehemann der Getöteten. Bei der Überwältigung von Alex W. fiel ein Schuss. Ihn soll ein Polizist abgefeuert haben. Der Täter wurde gestern von der Polizei verhört. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Totschlags gegen ihn, auch das Landeskriminalamt wurde eingeschaltet.

Der sächsische Justizminister Geert Mackenroth (CDU) sagte nach einer Besichtigung des Tatorts, er sei „völlig schockiert und entsetzt über die Tragödie“. Er sprach der Familie des Opfers sein tiefes Mitgefühl aus. Gleichzeitig versprach er den Angehörigen des Opfers: „Wir werden alles tun, dass die Hintergründe aufgeklärt werden.“

„Es gab keinerlei Anzeichen"

Oberstaatsanwalt Christian Avenarius kündigte an, dass nach dem Tatverdächtigen auch noch andere Augenzeugen – darunter mehrere Kinder – vernommen werden sollen. Die meisten stünden jedoch unter Schock.

„Es gab keinerlei Anzeichen für einen solchen Gewaltausbruch“, sagte die Sprecherin des Landgerichts, Bettina Garmann. Niemand habe damit rechnen können, dass es zu einer solchen Tat kommen könnte.

Im Dresdner Landgericht gibt es Sicherheitskontrollen nur im Einzelfall. Sie werden angeordnet, wenn es Hinweise auf Gefährdungen gibt. Dies sei in solchen Fällen von „Kleinstkriminalität“ nicht üblich. Der Mann war nicht in Haft und allein zur Verhandlung gekommen, bei der keine erhöhten Sicherheitsvorkehrungen galten. Deswegen seien zum Tatzeitpunkt auch keine Sicherheitskräfte im Saal gewesen.

cl

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