Drama im Mittelmeer: 700 Flüchtlinge ertrunken?

Neues Flüchtlingsdrama im Mittelmeer: Nach dem Kentern eines voll besetzten Schiffes werden Hunderte Menschen vermisst. Es ist vermutlich eine der schlimmsten Tragödien der letzten Jahre.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Traurige Routine in Lampedusa: Ein Leichenwagen wartet vor einem Schiff, um die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlings aufzunehmen.
dpa Traurige Routine in Lampedusa: Ein Leichenwagen wartet vor einem Schiff, um die Leiche eines ertrunkenen Flüchtlings aufzunehmen.

Lampedusa - Bei einer der schlimmsten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer sind möglicherweise 700 Menschen ums Leben gekommen. Ihr Boot kenterte in der Nacht zum Sonntag etwa 70 Seemeilen (130 Kilometer) vor der libyschen Küste, wie die italienische Küstenwache mitteilte. Bis zum Sonntagmittag konnten 28 Menschen gerettet und 24 Leichen geborgen werden. An Bord des etwa 20 Meter langen Bootes sollen jedoch Hunderte Menschen gewesen sein.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) könnte es sich um die schlimmste Tragödie der jüngsten Vergangenheit in der Region handeln. Die italienische Küstenwache und Marine, Einsatzkräfte aus Malta und der EU-Grenzschutzmission Triton waren am Sonntag mit Dutzenden Schiffen und Flugzeugen im Einsatz. Sie suchten rund um die Unglücksstelle vor der libyschen Küste und südlich der Insel Lampedusa nach Überlebenden. Das Wasser im Mittelmeer ist jedoch nur rund 16 Grad warm, zudem konnten viele der Migranten vermutlich nicht schwimmen.

Papst Franziskus appellierte an die internationale Gemeinschaft, "mit Entschlossenheit und Schnelligkeit" zu handeln, um ähnliche Tragödien zu verhindern. Er brachte seinen "tiefen Schmerz" zum Ausdruck und versprach, für die Opfer zu beten. Italiens Regierungschef Matteo Renzi sagte alle Termine ab und reiste nach Rom zurück, wo er für den späten Nachmittag ein Ministertreffen einberief. Die schwedische Außenministerin Margot Wallström kündigte auf Twitter an, das Thema werde am Montag von den EU-Außenministern diskutiert.

"Wenn sich die Bilanz dieser erneuten Tragödie bestätigen sollte, sind in den vergangenen zehn Tagen mehr als 1000 Menschen im Mittelmeer ums Leben gekommen", sagte Carlotta Sami, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, dem italienischen TV-Sender Rai. Bereits Anfang der Woche hatten Überlebende nach einem Unglück von etwa 400 Vermissten berichtet. Die Bilanz der Toten seit Anfang des Jahres im Mittelmeer würde damit auf mehr als 1500 steigen.

Ersten Erkenntnissen zufolge brachten die Flüchtlinge das überladene Boot in der Nacht zum Sonntag vermutlich selbst zum Kentern. Sie hatten einen Notruf abgesetzt, woraufhin der portugiesische Frachter "King Jacob" zur Hilfe eilte. Als dieser sich näherte, stürmten die Migranten alle auf eine Seite des Bootes. "Wahrscheinlich ist der Frachter in die Nähe des Bootes gefahren. Die Bewegung der Flüchtlinge hat das Boot dann zum Kentern gebracht", sagte Sami.

Auch zahlreiche Politiker forderten eine schnelle Reaktion. "Die EU-Kommission und die EU-Staaten müssen nach dieser neuen Tragödie im Mittelmeer jetzt handeln", schrieb der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), auf Twitter. Grünen-Chefin Simone Peter bezeichnete das Unglück als "eine Katastrophe mit Ansage". "Erneut Hunderte Tote im Mittelmeer sind eine Schande für Europa und uns alle", erklärte sie. Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende im EU-Parlament, Ska Keller, forderte ein europäisches Seenotrettungsprogramm.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.