Dioxin-Skandal: Auch Bayern ist betroffen

Auch Bayern ist nun von der Futtermittelverunreinigung betroffen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner kündigte Konsequenzen für die Verursacher des Skandals an. Doch offenbar mangelt es an staatlichen Lebensmittelkontrolleuren.
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Erwägt schärfere Zulassungsbedingungen für Betriebe, die Futterrohstoffe liefern: Ministerin Ilse Aigner
dpa Erwägt schärfere Zulassungsbedingungen für Betriebe, die Futterrohstoffe liefern: Ministerin Ilse Aigner

BERLIN - Auch Bayern ist nun von der Futtermittelverunreinigung betroffen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner kündigte Konsequenzen für die Verursacher des Skandals an. Doch offenbar mangelt es an staatlichen Lebensmittelkontrolleuren.

Der Dioxin-Skandal in Deutschland zieht weitere Kreise. Auch Bayern ist von der Futtermittelverunreinigung betroffen. Dorthin wurden rund 410.000 Dioxin-Eier aus Niedersachsen geliefert. Ein kleiner Teil davon wurde an verarbeitende Betriebe weiterverkauft.

In Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg waren rund 3.000 Tonnen mit Dioxion belastetes Industriefett an Legehennen, Mastgeflügel und Schweine verfüttert worden. Wie am Donnerstag bekannt wurde, ist zudem Hessen vom Dioxin-Skandal erfasst worden.

Da nur geringe Mengen Fett ins Futter gemischt werden, können Schätzungen zufolge zehntausende Tonnen Tiernahrung mit dem Umweltgift belastet sein. Der Deutsche Bauernverband fordert unterdessen Entschädigungen und dringt auf eine Änderung des Lebensmittel- und des Futtermittelgesetzes.

Ministerin Ilse Aigner droht mit Konsequenzen

Für die Verbraucher sieht der Bauernverband zunächst keine neue Bedrohungslage. "Die ersten Ergebnisse zeigen, dass sie, mit Ausnahme einiger Betriebe in NRW, weit unter dem zulässigen Grenzwert liegen", sagte Born. "Für die Verluste der Bauern, die ihr Geflügel keulen und ihre Eier vernichten müssen, werden die Verursacher des Schadens aufkommen müssen." Born: "Wir werden uns jedenfalls juristisch an der Mischfutterindustrie schadlos halten."

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner kündigte derweil Konsequenzen für die Verursacher des Skandals an. "Wer die Existenz Hunderter Betriebe aufs Spiel setzt und die Gesundheit von Verbrauchern gefährdet, muss zur Rechenschaft gezogen werden", sagte die CSU-Politikerin.

In Deutschland fehlen bis zu 1.500 staatliche Prüfer

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) verlangte ein hartes Vorgehen gegen Futter-Panscher. "Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte er.

Auch die Grünen fordern Konsequenzen. "Ohne neues Gesetz bekommen wir die Futtermittelindustrie nicht in den Griff", sagte der Bundestagsabgeordnete und Landwirt Friedrich Ostendorff. "Wir benötigen eine genaue Aufstellung, was Tierfutter enthalten darf", betonte er.

Die Futterfett-Firma Harles und Jentzsch GmbH aus Uetersen in Schleswig-Holstein, die den Dioxin-Skandal ins Rollen brachte, ist am 18. Oktober 2010 noch von der Sachverständigenorganisation Dekra für Qualität und Sicherheit zertifiziert worden. Das bestätigte die Dekra-Pressestelle, schränkte allerdings ein: "Die Dekra Certification GmbH prüft oder analysiert im Rahmen der Zertifizierung keine Produkte und hat auch gemäß der QS-Anforderungen keine Analytik durchzuführen." Man habe keine Erklärung dafür, wie Dioxin in das Futtermittel geraten konnte.

Gegen den Geschäftsführer des Unternehmens, Siegfried Sievert, und drei seiner Mitarbeiter hat es Morddrohungen gegeben. Die Polizei sei über die Drohungen, die an mehreren Tagen am Telefon und per E-Mail eingegangen seien, informiert worden, sagte Sievert. Mitarbeiter seien als "Mörder" beschimpft und unter anderem mit den Worten "Wir machen euch fertig" bedroht worden.

Wie Vertriebschef Klaus Voss mitteilte, gibt es an diesem Donnerstag eine Bestandsaufnahme in der Firma. Danach werde entschieden, ob notfalls Insolvenz angemeldet wird.

Nach Angaben des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure (BVLK) fehlen in Deutschland bis zu 1.500 staatliche Prüfer, um die Lebensmittelbranche effektiv überwachen zu können. Wegen der fehlenden Kontrolleure sei Lebensmittelsicherheit in Deutschland eine "Mogelpackung", erklärte BVLK-Vorsitzender Martin Müller. Bisher seien bundesweit 2.500 Kontrolleure für 1,1 Millionen Betriebe zuständig. In manchen Regionen stehe nur ein Mitarbeiter für 1.200 Firmen zur Verfügung. Gegenwärtig sei das politische Versprechen reine Utopie, die gesamte Lieferkette für Eier, Getreide, Milch und Fleisch staatlich zu kontrollieren. In den Kommunen gebe es eine "Lebensmittelkontrolle nach Kassenlage".

Auch der Verbandschef der Ernährungsindustrie, Jürgen Abraham, sieht politisches Versagen als einen Grund des aktuellen Dioxin-Skandals. "Die Behörden, allen voran die Ordnungsämter und Veterinärbehörden, haben ihre Aufsichtspflicht verletzt."

dapd

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