Diebstahl im Krankenhaus: Schäden in Millionenhöhe
Schmuck, Geldbeutel und sogar die EC-Karten samt Geheimzahl: Während mehrere Patienten des Klinikums Kaufbeuren behandelt werden und nicht in ihrem Zimmer sind, durchwühlt ein 16-Jähriger ihre Sachen. Der Jugendliche ist dort eigentlich als Hilfskraft angestellt.
Er fliegt Ende 2018 auf, weil er an Automaten gefilmt wird, wie er mit den EC-Karten der Patienten Geld abhebt. Insgesamt rund 11.000 Euro.
Laut LKA 1.792 Diebstähle in bayerischen Krankenhäusern in 2017
Ob Geldbörsen, Handys, Endoskopie-Geräte oder sogar Topfpflanzen – in deutschen Krankenhäusern wird gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Gebäudekomplexe sind meist riesig, man kann sich relativ anonym dort aufhalten und viele Patienten bekommen die Gaunerei nicht mit oder können sich nicht wehren. Der jährliche Schaden geht laut Experten in die Millionen.
Eine bundesweite Statistik dazu gibt es nicht. Die AZ hat beim Landeskriminalamt (LKA) Bayern nachgefragt. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2017. Insgesamt wurden demnach 1.792 Diebstähle in bayerischen Krankenhäusern registriert. Das ist der niedrigste Wert der vergangenen fünf Jahre (siehe Tabelle).

Schäden in Millionenhöhe - auch medizinische Geräte entwendet
Aber: Der 2017 entstandene Schaden beläuft sich auf rund 1,66 Millionen Euro. Das wiederum ist der Höchststand im Fünf-Jahres-Vergleich. Wie LKA-Sprecher Carsten Neubert der AZ mitteilt, wurden 2017 vermehrt Medizinische Geräte entwendet. Und die sind teuer.
Zum Vergleich: 2016 lag der verursachte Schaden trotz einer höheren Fallzahl deutlich niedriger: 726.828 Euro. Welche Gegenstände im Detail gestohlen wurden, konnte das LKA gestern nicht mitteilen.
Ähnliche Lage in NRW - sogar ein Hund wurde gestohlen
Und im Rest von Deutschland? In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel wurden 2017 fast 6.500 Diebstahlsfälle mit einem Schaden von 3,5 Millionen Euro in Krankenhäusern registriert. Auch in hessischen Krankenhäusern kommt einiges abhanden: 2017 neben Schmuck, Bekleidung und einem Regenschirm auch Tiefkühlkost, ein Bolzenschussapparat und ein Brettspiel. Schaden: 1,8 Millionen Euro. Auch ein Hund gehörte einmal zur registrierten Beute.
Die Krankenhäuser tun sich im Allgemeinen schwer, gegenzusteuern. "Krankenhäuser sind große Komplexe mit unkontrolliertem Zugang", erklärt LKA-Sprecher Frank Scheulen aus Düsseldorf. Für Diebe sei es einfach, auf die Stationen zu kommen und Schubläden und Schränke in leeren Zimmern zu durchwühlen. Deshalb sollten Patienten zumindest vorhandene Schließfächer nutzen.

Große, frei zugänliche Komplexe - schärfere Kontrollen sollen helfen
Lothar Kratz, Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW, sagt: "Wir haben in NRW rund 4,6 Millionen Patienten jährlich in Krankenhäusern. Wenn jeder von ihnen auch von zwei oder drei Menschen Besuch bekommt, dann sind drei Viertel aller Bewohner NRWs einmal pro Jahr im Krankenhaus."
Der Allgemeine Patientenverband will schärfere Kontrollen in den Eingangsbereichen. Dort müssten sich Besucher anmelden und sagen, wen sie auf welcher Station besuchen wollten und sich gegebenenfalls ausweisen. "Nicht jeder sollte direkt in eine Klinik hineinspazieren können", sagt Verbandspräsident Christian Zimmermann. Mit elektronischer Datenverarbeitung lasse sich leicht abschätzen, ob der Besucher lautere Absichten habe.
Schutz für Patienten: Wertsachen daheim lassen
Wie kann man sich als Patient vor Dieben schützen? Das LKA Bayern gibt in der AZ folgende Tipps:
- Bringen Sie keine größeren Geldbeträge, Schmuck oder andere Wertsachen mit ins Krankenhaus.
- Versperren Sie Ihre Wertsachen im Safe.
- Nehmen Sie Ihre Telefonkarte beim Verlassen des Zimmers mit.
- Lassen Sie Ihre persönlichen Dinge nie unbeaufsichtigt im Krankenzimmer.
- Melden Sie verdächtige Wahrnehmungen sofort dem Pflegepersonal. Bei einem Diebstahl verständigen Sie die Polizei!
Personal: Verdachtsfälle melden
Aber auch die Angestellten in einem Krankenhaus müssen aufpassen. Was die LKA-Experten ihnen raten:
- Seien Sie immer aufmerksam.
- Informieren Sie auch die Nachfolge-Schichten über entsprechende Vorkommnisse.
- Machen Sie Patienten auf mögliche Diebstahlsdelikte aufmerksam.
- Sprechen Sie die Personen an, die Ihnen merkwürdig vorkommen.
- Verständigen Sie bei verdächtigen Wahrnehmungen Ihren Sicherheitsdienst oder die Polizei (110).
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