Die weiße Schwarze
Eine Bürgerrechtlerin gibt jahrelang vor, Afroamerikanerin zu sein. Bis ihre Eltern die Täuschung enttarnen. Jetzt gibt’s viel Kritik für die 37-Jährige
Zwei Bilder, zwei Frauen, zwei Hautfarben. Und doch ist es ein und dieselbe Person: Rachel Dolezal, 37 Jahre alt, Verfechterin der Rechte schwarzer US-Bürger. Sie ist die Frau mit den zwei Gesichtern: schwarz und weiß. Aufnahmen von ihr heute und früher geistern seit Tagen durch die Medien – der Kontrast könnte nicht größer sein: Heute trägt die Bürgerrechtlerin (37) aus der Stadt Spokane ihr Haar gelockt, ihre Haut hat einen braunen Teint. So trat sie vor Studenten auf, unterrichtete Afrikanische Studien. Sie gab vor, Teil einer Minderheit zu sein, gegen die es in den USA immer wieder heftige – und auch tödliche – Übergriffe gegeben hat.
Ein Foto aus ihrer Jugend zeigt eine ganz andere Frau: Blondes, langes Haar, kleine Sommersprossen auf den Backen. Das typisch-amerikanische Mädchen von nebenan. Ausgerechnet die leiblichen Eltern der Aktivistin haben nun enthüllt, dass ihre Tochter die Öffentlichkeit getäuscht hat. Sie ist nicht schwarz, sondern weiß.
Warum das Täuschungsmanöver? Das ist die Frage, die derzeit ganz Amerika umtreibt. Die Antwort kann aber auch der leibliche Vater nicht liefern. Zu ihren Eltern ist der Kontakt schon seit Längerem abgebrochen. Ihre Familie berichtet aber, dass sie schon als Teenager für die Rechte schwarzer Menschen gekämpft habe. Zudem wuchs sie mit vier Adoptivgeschwistern auf – und die sind allesamt schwarz.
Wie die Verwandlung begann: Einer ihrer Adoptivbrüder sagt, seine Schwester habe sich an der Universität in Washington benachteiligt gefühlt, weil sie eine von wenigen Weißen dort war. Deswegen sei sie angeblich schlechter behandelt worden als ihre Mitstudenten. Sie soll deswegen Hassgefühle auf Weiße entwickelt haben. 2011 begann sie, sich ein dunkles Make-Up aufzulegen, wird ihr Bruder zitiert.
Die Täuschung ging aber noch weiter: Auf der Internetseite der NAACP, einer der bedeutendsten Bürgerrechtsorganisationen Amerikas, zeigte sie ein Foto von einem schwarzen Mann, angeblich ihr Vater. Einen ihrer Adoptivbrüder präsentierte sie als ihren Sohn. Fakt ist hier: Sie hat tatsächlich das Sorgerecht für den heute 21 Jahre alten Mann.
Sie hätte sich auch als Weiße für Afroamerikaner engagieren können: Denn weder für ihre Stelle an der Universität noch für ihre Tätigkeit bei der NAACP, ist es laut mehreren Medienberichten Voraussetzung, selbst schwarz zu sein. Diese falschen Angaben könnten möglicherweise nun auch strafrechtliche Folgen für die Bürgerrechtlerin haben. Denn die Organisation, die Universität und die Stadt Spokane im US-Bundesstaat Washington fühlen sich von Rachel Dolezal betrogen. Es soll geprüft werden, ob sie in ihren Bewerbungsunterlagen falsche Angaben gemacht hat.
Sie selbst hat noch nichts zu den Vorwürfen gesagt. Ein Interview mit einem Lokalsender soll sie abgebrochen haben, als der Reporter ganz offen und direkt die Frage stellte: „Sind Sie schwarz?“
Viele Amerikaner sind verärgert: Im Internet wird heftig über Rachel Dolezal und ihre Täuschung diskutiert. Welche Hautfarbe sie hat oder haben möchte, ist für viele dabei unwichtig. Wayne Robson schreibt bei Facebook etwa: „Es ist egal, ob sie schwarz, weiß oder gelb ist. Das Problem ist, dass sie ihren künftigen Arbeitgeber belogen hat.“ Facebook-User Mello Yello schreibt: „Die Tatsache, dass sie schwarz sein möchte, ist nicht das Problem. Das Problem, das einige wirklich Schwarze wie auch ich haben, ist, dass sie Vorteile genutzt hat, die für schwarze Bürger gedacht sind. Ich spreche zum Beispiel von dem Stipendium, das sie bekommen hat.“
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