Die tödliche Tragödie auf der Love-Parade: Wer trägt die Schuld?

Während Duisburg trauert, gibt es hinter den Kulissen Gezerre: Wer hat welche Fehler gemacht und muss Konsequenzen ziehen? Duisburgs Oberbürgermeister? Der Veranstalter? Die Polizei?
von  Abendzeitung
Trauer am Ort des Geschehens: Eine junge Frau stellt eine Kerze ab, wo am Samstag die Katastrophe ihren Lauf nahm
Trauer am Ort des Geschehens: Eine junge Frau stellt eine Kerze ab, wo am Samstag die Katastrophe ihren Lauf nahm © dpa

DUISBURG - Während Duisburg trauert, gibt es hinter den Kulissen Gezerre: Wer hat welche Fehler gemacht und muss Konsequenzen ziehen? Duisburgs Oberbürgermeister? Der Veranstalter? Die Polizei?

Die einen trauern am Ort des Geschehens, die anderen veranstalten hinter den Kulissen ein Gezerre um Verantwortung und Konsequenzen. Während am Tunnelausgang unter dem Love-Parade-Gelände immer noch jeden Tag viele Menschen kommen, Blumen niederlegen und Kerzen anzünden, geht es im Rathaus von Duisburg und im Polizeipräsidium zur Sache. Wer trägt die Schuld am Desaster mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten? Und wer muss Konsequenzen ziehen?

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen zwar nach wie vor „gegen unbekannt“. Doch vor allem Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat die Rolle des Buh-Manns weg – und scheint alles dafür zu tun, dass das auch so bleibt. In Interviews zieht er sich darauf zurück, dass er ja die Genehmigung für die Love-Parade nicht unterschrieben habe. Dabei gibt es Indizien dafür, dass Druck ausgeübt wurde und Sicherheitsbedenken gezielt weggedrückt wurden – damit Duisburg nur ja das lukrative und imagebildende Massenspektakel bekommt. Vor allem aus der eigenen Partei wird der Druck auf den CDU-Mann immer heftiger. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach forderte ihn klar zum Rücktritt auf: Die Veranstaltung hätte auf diesem Gelände niemals genehmigt werden dürfen.

Das ist auch wichtig für die Schlüsselfrage, ob die Stadt haftet. Sie hat die Love-Parade nicht veranstaltet, wohl aber genehmigt. In Frage käme die Amtshaftung des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Die sieht vor, dass ein Beamter der „vorsätzlich oder fahrlässig“ Schaden angerichtet hat, diesen ersetzen muss. Ob Sauerland unterschrieben hat, findet der Münchner Ex-Kreisverwaltungsreferent Hans-Peter Uhl zweitrangig: „Er hat als Chef der Stadtverwaltung die Verantwortung.“

Immer deutlicher wird, dass Sauerland womöglich auch in eigener Sache kämpft: um seine Pension. Zurücktreten wie ein Landes- oder Bundespolitiker kann er laut Landesrecht gar nicht, wohl aber einen Antrag auf Entlassung stellen. Dann aber verlöre er alle Pensionsansprüche, auch aus der Zeit als Lehrer vor seiner Wahl zum OB im Jahr 2004. Der Staat würde ihm nur den bisherigen Arbeitgeberanteil zur Rente nachzahlen. Anders sähe es aus, wenn ihn der Stadtrat abwählt. Dann bekäme er mindestens 3700 Euro Pension. Anders als in Bayern ist eine Abwahl in Nordrhein-Westfalen möglich. Die Linke hat dies bereits beantragt, die FDP unterstützt sie, eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat wäre erforderlich.

Auch Duisburgs Polizeichef Detlef von Schmeling kommt verstärkt unter Druck: Die Feuerwehr hatte die Polizei unmittelbar vor der Katastrophe davor gewarnt, die Eingangsrampe zur Love-Parade zu sperren – aber erfolglos. Dort kam es wenig später zur Massenpanik. Etwas Entlastung konnte sich dagegen Love-Parade-Veranstalter Rainer Schaller verschaffen, dem vorgeworfen wurde, Profitgier über die Sicherheit gestellt zu haben. Er setzte Privatvermögen ein, um gemeinsam mit der Haftpflichtversicherung Axa einen Soforthilfefonds über eine Million Euro für Angehörige zu schaffen. mue

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